Mehr als drei Viertel der Diesel-Besitzer in Deutschland lehnen es ab, Nachrüstungen an der Abgas-Hardware ihrer Autos selbst zu bezahlen. Für den Fall von Fahrverboten droht mehr als die Hälfte von ihnen mit einer Klage gegen den Hersteller.
In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sagten 76 Prozent der Dieselfahrer, sie wären nicht bereit, die Kosten für Umbauten an Motorsteuerung oder Katalysator aus eigener Tasche zu finanzieren. Wiederum 53 Prozent davon würden einen Gang vor Gericht erwägen, um den Autobauer auf Rücknahme des Dieselwagens gegen Rückerstattung des Kaufpreises zu verklagen - sollte ein Fahrverbot konkret verhängt werden und der Hersteller die Nachrüstkosten nicht übernehmen wollen.
Nur 12 Prozent der Befragten wären damit einverstanden, eigenes Geld
in eine Erneuerung der Abgasanlage zu investieren, falls dies
technisch machbar ist und sich so ein Fahrverbot für den eigenen
Diesel abwenden lässt. Die Autokonzerne beteiligen sich bisher an
einem beim "Dieselgipfel" beschlossenen Fonds und bieten kostenlose
Updates der Abgas-Software an. Hardware-Umrüstungen schließen sie
mit Verweis auf die hohen Kosten und die schwierige Umsetzung jedoch
aus. Das stößt angesichts der Milliardengewinne bei VW
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer kritisierte etwa das jüngste Gehaltsplus für den VW-Vorstand scharf. "Ich hätte nach den Abgas-Skandaljahren eine höhere Sensibilität gerade der Top-Manager in Wolfsburg erwartet", sagte der CSU-Politiker der "Bild"-Zeitung (Samstag). "Für jeden Diesel-Besitzer, der hohe Wertverluste fürchtet, aber auch für die Angestellten in dieser Leitindustrie sind die Managergehälter bei VW ein Schlag ins Gesicht." Das Geld hätte man "besser in einen "Entschuldigungs-Fonds" legen können unter dem Motto: Wir haben verstanden", sagte Scheuer.
Die Vergütung der Mitglieder des VW-Konzernvorstands stieg im
vergangenen Jahr auf rund 50,3 Millionen Euro nach 39,5 Millionen
Euro im Jahr zuvor. Volkswagen
Scheuer bekräftigte, über Nachbesserungen für weniger Schadstoffe mit der Autoindustrie verhandeln zu wollen. "Ich setze auf die Vernunft der Konzerne und werde sehr schnell Gesprächsrunden organisieren", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). "Samthandschuhe gehören angesichts der Dimension der Probleme jetzt nicht in den Instrumentenkasten." Der Minister betonte: "Die Kosten für die Umrüstung und die Beseitigung der Manipulationen dürfen am Ende nicht beim Verbraucher und beim Steuerzahler hängen bleiben."
Nach Worten des neuen Kanzleramtschefs Helge Braun (CDU) müssen die Hersteller dafür sorgen, dass auch manipulierte Diesel-Fahrzeuge die Abgasgrenzwerte einhalten. "Natürlich müssen die betroffenen Autohersteller jene Fahrzeuge mit einer illegalen Abschalteinrichtung so lange nachrüsten, bis sie den gesetzlichen Zulassungsanforderungen entsprechen", sagte Braun der "Rheinischen Post". "Wir schonen die Unternehmensführungen in der Industrie nicht", fügte er hinzu.
Über Fahrverbote äußerte sich Braun jedoch skeptisch. Als letztes Mittel könnten vor Ort Umfahrungen oder Verkehrsbeschränkungen ausgewiesen werden. "Aber großflächige Innenstadtfahrverbote können wir den Dieselfahrern nicht zumuten."
Ende Februar hatte das Bundesverwaltungsgericht geurteilt, dass kommunale Behörden im Prinzip Diesel-Fahrverbote anordnen dürfen, wenn die Schadstoffbelastung der Stadtluft sich anders nicht wirksam senken lässt und die Verhältnismäßigkeit - etwa durch Ausnahmen für Dienstfahrzeuge oder Handwerker - gewährleistet ist.
Angesichts der Dieseldebatte rechnet die Mehrheit der von YouGov befragten Besitzer eines Selbstzünders mit hohen oder gar drastischen Wertverlusten ihres Autos. Insgesamt 64 Prozent nehmen dies an, 27 Prozent sehen demgegenüber nur geringe oder keine Verluste des Wiederverkaufswerts. In den vergangenen Monaten waren sowohl die Diesel-Anteile an den Neuzulassungen als auch die Restwerte von Dieseln auf dem Gebrauchtwagen-Markt stark unter Druck geraten./jap/sam/hgo/DP/she
ISIN DE0007664039
AXC0008 2018-03-18/14:25