Von Olaf Ridder
FRANKFURT (Dow Jones)--Der neue Chef der Deutschen Börse setzt anders als sein Vorgänger nicht auf Fusionen und große Übernahmen. "Wir müssen das Selbstverständnis haben, dass wir ohne transformatorische Akquisitionen für Aktionäre attraktiv bleiben", sagte Theodor Weimer bei seinem ersten öffentlichen Auftritt auf dem Neujahrsempfang des DAX-Unternehmens.
Er sehe mannigfaltige Wachstumschancen in vielen Bereichen, sagte der 58-jährige Banker, der neun Jahre die Hypovereinsbank in München geführt hat, und nannte als Beispiele Produktverbreiterungen im Devisenhandel, bei festverzinslichen Wertpapieren oder bei Commodities.
Auch technologischen Innovationen wie Bitcoin oder Blockchain müsse sich die Börse stellen. Die Deutsche Börse werde dabei aber Prioritäten setzen: "Nicht alles, was heute gehypt wird, lässt sich realisieren", so Weimer, der seit Jahresbeginn im Amt ist. Erst kürzlich waren Überlegungen bekannt geworden, Futures auf Bitcoin anzubieten, mit denen Anleger ihre Investitionen in die Digitalwährung absichern oder auf fallende Kurse setzen können.
Weimer muss für die Deutsche Börse AG nach einem weiteren gescheiterten Fusionsversuch mit der London Stock Exchange unter seinem Vorgänger Carsten Kengeter neue Wachstumsperspektiven eröffnen und bei der Finanz-Community verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Der Banker versprach in diesem Zusammenhang, das Gespräch mit der Finanzmarkt-Community wieder intensiv zu suchen. Den Sitz in Hessen bezeichnete er als hohes Gut, den er bewahren wolle.
Kengeter hatte an dem Fusionsvorhaben auch festgehalten, als klar war, dass mit dem Brexit der Sitz der fusionierten Börse außerhalb der EU liegen würde. Das hatte zu erheblichen Verstimmungen mit den Regulierern in Hessen geführt.
Mit dem EU-Austritt Großbritanniens steht das vor allem in London beheimatete Euro-Clearing zur Disposition. Die EU-Kommission drängt darauf, dass Derivate-Geschäfte in der Gemeinschaftswährung nach dem Brexit in der EU abgewickelt werden müssen. Ob es dazu kommt, ist zwar offen, doch könnte die Deutsche Börse an dieser Stelle auf Kosten des Londoner Platzhirschen LCH.Clearnet das dringend gesuchte organische Wachstum erzielen.
Die Deutsche Börse leidet seit geraumer Zeit darunter, dass die Aktienkurse nur eine geringe Schwankungsbreite aufweisen. Die Einnahmen im Derviategeschäft der Tochter Eurex sanken deshalb zuletzt. Finanzvorstand Gregor Pottmeyer erklärte deshalb im Oktober, "sehr wahrscheinlich" werde man die Jahresziele "nicht ganz" erreichen.
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January 22, 2018 14:45 ET (19:45 GMT)
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