BERLIN (Dow Jones)--Führende deutsche Ökonomen warnen davor, die Einkaufstour der Chinesen hierzulande widerstandslos hinzunehmen. "Die Vorstellung, man müsse mit Ländern wie China nur intensiv Handel betreiben, dann komme die Demokratie von selbst, ist völlig naiv", sagte der Präsident des Kölner Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, der "Welt am Sonntag" (WamS). "Der Glaube, dass Globalisierung ein normatives Projekt ist, das überall gleich abläuft, ist falsch. Das müssen wir endlich einsehen."
Anfang der Woche war bekannt geworden, dass sich der chinesische Milliardär Li Shufu an dem Autokonzern Daimler beteiligt hat und zum größten Einzelaktionär des Autobauers aufgestiegen ist. Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg und Mitglied des Sachverständigenrates, sagte dazu: "Wenn der deutsche Staat zehn Prozent bei Daimler erwerben würde, wäre das Geschrei groß. Wenn aber ein Herr Li so vorgeht, hinter dessen Finanzkraft womöglich der chinesische Staat steckt, sollen wir das einfach hinnehmen?"
China sei auf dem Weg, "die größte Ökonomie der Welt zu werden und zugleich einer der größten geopolitischen Akteure des 21. Jahrhundert", warnte auch Matthias Machnig, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. "Das Land will nach 200 Jahren nationaler Isolation und Rückständigkeit wieder an die Spitze zurückkehren."
Clemens Fuest, Präsident des Münchner Ifo-Instituts hält dagegen nichts von Abwehrreflexen und Aktionismus: "In der Politik werden derzeit die üblichen Abwehrreflexe wach", kritisierte er gegenüber WamS. "Wer in ein Land investiert, begibt sich in Abhängigkeit von dem dort herrschenden Rechts- und Wertesystem. Das könnte Deutschland im Gegenzug als Druckmittel benutzen, um in China für sich bessere Investitionsbedingungen durchzusetzen."
Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com
DJG/flf
(END) Dow Jones Newswires
March 04, 2018 05:36 ET (10:36 GMT)
Copyright (c) 2018 Dow Jones & Company, Inc.