Bei der Entwicklung von Scale-Aktien gibt es große Unterschiede. Unter den
Fintechs kann insbesondere die Frankfurter FinTech Group überzeugen, andere
verzeichnen große Einbußen.
17. Juli 2018. Trotz jüngster Erholung: Der schwache Juni ist - ähnlich wie
beim DAX - auch beim Scale All Share-Index nicht so schnell wettzumachen.
Über 6 Prozent auf im Tief 1.246 Punkte hat der Index, der die Entwicklung
aller Scale-Werte widergibt, im Juni verloren. Jetzt sind es wieder 1.277
Zähler. Im Scale 30 sieht es ähnlich aus: Nach Verlusten im Juni steht der
Auswahlindex jetzt bei 1.156 Punkten.
Seit Start des Börsensegments im März 2017 kommt der Scale All Share-Index
damit allerdings immer noch auf ein Plus von 27 Prozent. Und auch auf
kürzere Sicht gibt es viele überzeugende Unternehmen: Auf der Liste der
besten Performer der letzten zwölf Monaten ganz oben steht weiterhin Blue
Cap (WKN A0JM2M), ein Anbieter von Kunststoffverpackungen für die
Molkereiindustrie. Der Kurs ist seit Juli 2017 um 87 Prozent gestiegen. Auf
Platz zwei vorgeschoben hat sich die Frankfurter FinTech Group (WKN FTG111)
mit einem Kursplus von 82 Prozent. Der Anbieter von Messgeräten für Medizin-
und Umwelttechnik m-u-t (WKN A0MSN1) findet sich mit 64 Prozent auf dem
dritten Platz. Auf Sicht von drei Monaten hat m-u-t mit 48 Prozent die Nase
vorn, gefolgt von Blue Cap mit 37 Prozent und dem Fondsemissionshaus Lloyd
Fonds (WKN A12UP2) mit 30 Prozent.
Dass längst nicht alle Fintechs gut laufen, zeigt der Blick auf die
Schlusslichter: Auf Dreimonatssicht kommt das Fintech-Unternehmen Naga Group
(WKN A161NR) mit einem Minus von 47 Prozent auf die schlechteste
Performance, nicht viel besser da stehen der Streaming-Dienst Pantaflix (WKN
A12UPJ) mit einem Minus von 42 Prozent und das Fintech-Unternehmen MyBucks
(WKN A2AJLT) mit minus 38 Prozent.
Lloyds Fonds stellt sich neu auf
Eine Neuausrichtung meldete Lloyds Fonds. Vorstand und Aufsichtsrat wollen
die Gesellschaft zukünftig als bankenunabhängigen Vermögensverwalter
positionieren. Der Fokus soll auf aktiv gemanagten, liquiden Publikumsfonds
liegen. Daneben will das Unternehmen auf die individuelle
Vermögensverwaltung setzen, den ein digitaler Fondsallokationsansatz
unterstützt. Das Wachstum soll dabei sowohl organisch als auch über den
Zukauf externer Investmentvermögen erfolgen.
Für den erfolgreichen Börsenneuling Stemmer Imaging (WKN A2G9MZ), einer der
führenden Anbieter von Bildverarbeitungstechnologie in Europa, ging es nach
einer kleinen Schwächephase zuletzt wieder aufwärts. Stemmer hat den
Anbieter von Kameralösungen für den industriellen Bereich Elvitec aus
Frankreich übernommen. Die Stemmer-Aktie ist seit dem Börsengang im Februar
von 34 auf in der Spitze 49 Euro Mitte Juni gestiegen, aktuell sind es 42,02
Euro.
Kursgewinn nach Cyan-Beteiligung
Mit einem deutlichen Kursplus reagierte die Cyan-Aktie (WKN A2E4SV) auf die
Meldung, dass der Anbieter von IT-Sicherheitslösungen sich mit knapp 77
Prozent an I-New Unified Mobile Solutions beteiligt, Spezialist für
Technologie- und Servicelösungen sowie MVNO-Plattformen. Vor Bekanntgabe
kostete die Aktie noch 20,60 Euro, derzeit sind es 25,55 Euro.
Keine positiven Kursreaktionen lösten zwei Meldungen von Pantaflix (WKN
A12UPJ) aus. Zuerst kündigte das Unternehmen den Start für die nächste große
Kinoproduktion an. Mit "Dem Horizont so nah" verfilmt die Produktionstochter
Pantaleon Films einen - so das Unternehmen - der größten Erfolgsromane der
vergangenen Jahre. Dann gab Pantaflix bekannt, eine globale
Vertriebsvereinbarung mit Premiere Digital Services geschlossen zu haben,
dem Unternehmen zufolge einer der weltweit führenden US-Distributoren für
digitale Inhalte. Die Aktie, die Mitte September noch 114 Euro kostete, geht
aktuell zu 73,20 Euro über den Tisch.
Viele Kaufempfehlungen für Scale-Aktien
In den vergangenen Wochen gab es zahlreiche Analystenempfehlungen für Scale-
Aktien: So votierte SMC Research bei mutares, Nanogate, artec Technologies
und Noratis mit "Kaufen". Das ebenfalls auf den Mittelstand spezialisierte
Augsburger Investmenthaus GBC stufte die JDC Group, MagForce, artec
Technologies und FinLab auf "Kaufen". Warburg empfahl bei der FinTech Group
eine Positionierung, MainFirst startete die Bewertung von Mynaric mit
"Outperform".
Den Daumen senkte hingegen SRC Research für Lloyds Fonds. SRC hält den von
Lloyd Fonds eingeschlagenen Weg hin zu einem bankenunabhängigen
Vermögensverwalter mit Fokus auf aktiv gemanagte Publikumsfonds zwar für
richtig, die Aktie sei aber überteuert und wurde daher von "Hold" auf
"Reduce" zurückgestuft. Das Kursziel von jetzt 4,20 nach 3,30 Euro liegt
aber weiter unter der aktuellen Notierung von 4,72 Euro.
artec kommt gut an
Sehr viel Potenzial sehen Analysten für artec Technologies (WKN 520958). Der
Hersteller von HD-Videoüberwachungssystemen hat nach Ansicht von SMC mit dem
Auftragseingang der letzten Monate begonnen, die Früchte der 2016
eingeleiteten Refokussierung zu ernten. SMC sieht gute Chancen für hohes und
profitables Wachstum in den nächsten Jahren und traut der Aktie eine
Verdopplung auf 8,40 Euro (aktuell 4,06 Euro) zu. Ebenfalls optimistisch,
wenn auch nicht ganz so wie SMC, ist GBC: Die Analysten nennen ein Kursziel
von 6,50 Euro. Nach erfolgreichem Abschluss der strategischen Neuausrichtung
sei 2018 mit ersten positiven Effekten zu rechnen, heißt es, diese bildeten
eine solide Basis für ein nachhaltiges und profitables Wachstum ab 2019.
Für deutlich unterbewertet hält SMC die Beteiligungsgesellschaft mutares
(WKN A0SMSH) und rät zum Kauf bei einem Kursziel von 19 Euro (aktuell 11,55
Euro). mutares habe den AG-Gewinn 2017 mehr als verdreifacht, heißt es. Im
laufenden Jahre werde der Teil-Exit bei der Tochter STS Group einen hohen
Ergebnisbeitrag leisten.
Warburg: FinTech Group immer noch zu billig
Unterdessen traut Warburg Research der FinTech Group einen Kurs von 40 Euro
zu - deutlich oberhalb der aktuellen Notierung von 30 Euro. Das Unternehmen
habe im ersten Quartal im B2C-Geschäft rund 10.000 neue Kunden
hinzugewonnen. Setzte sich dieser Trend unter Berücksichtigung des
historisch geringeren Kundenwachstums im zweiten Quartal fort, werde die
Analystenschätzung übertroffen.
Ebenfalls extrem positiv sieht Main First den Hersteller für
Laserkommunikationsprodukte Mynaric (WKN A0JCY1) und votiert mit
"Outperform" bei einem Kursziel von 100 Euro (aktuell 56,20 Euro). MainFirst
erwartet eine signifikante Neubewertung der Aktie "sobald die
wirtschaftliche Machbarkeit von großflächigen Netzwerken in der Luft und im
Weltall gezeigt wurde und Laserkommunikation als Schlüsseltechnologie im
Aufbau von luft- und weltallbasierten Netzwerken wahrgenommen wird".
Weiter 50 Aktien und 15 Anleihen
Sämtliche fünfzehn Anleihen im Scale-Segment notieren weiter über Pari,
besonders deutlich die Papiere des Fußballclubs Gelsenkirchen Schalke 04
(WKN A2AA04), Joh. Friedrich Behrens (WKN A161Y5), der Karlsberg Brauerei
(WKN A2AATX), von Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig (WKN A13SAD) und Eyemaxx Real
Estate (WKN A2AAKQ).
Scale ging im März 2017 an den Start und hat den Vorgänger Entry Standard
abgelöst. Das Segment bietet Zugang zu Aktien und Anleihen kleiner und
mittlerer Unternehmen. Unternehmen, die sich in Scale listen lassen wollen,
müssen schon zwei Jahre existieren und 30 Millionen Euro
Marktkapitalisierung aufweisen. Des Weiteren wurden fünf Kriterien
angesetzt, von denen jedes Unternehmen drei erfüllen muss: ein Mindestumsatz
von zehn Millionen Euro, ein positives Jahresergebnis, ein positives
bilanzielles Eigenkapital, eine Mindestmitarbeiterzahl von 20 Personen und
mindestens fünf Millionen Euro Eigenkapital. Und: Es gibt verpflichtende
Research Reports durch die beiden Analysehäuser Morningstar und Edison
Investment Research, die von der Deutschen Börse - und nicht von den
Unternehmen selbst - in Auftrag gegeben werden. Dennoch richtet sich das
Segment nur an gut informierte Anleger.
von: Anna-Maria Borse 17. Juli 2018
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