Trotz vieler schlechter Nachrichten: Staatsanleihen aus Deutschland und den USA sind wenig gefragt. Gleichzeitig haben sich die Risikoaufschläge für Italien ausgeweitet.
18. Mai 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Regierungsbildung in Italien, Zuspitzung des Konflikts zwischen Israel und Palästina, das nun doch in Frage stehende Gipfeltreffen von US-Präsident Donald Trump mit Nordkoreas Führer Kim Yong Un: Es gibt derzeit eine Menge geopolitischer Unruheherde. Dennoch schwächeln die ansonsten als sichere Häfen geltenden Bundesanleihen und US-Treasuries. Ein Grund ist das deutlich teurere Öl: Der Preis für ein Barrel der Sorte Brent ist zuletzt über 80 US-Dollar geklettert. Das schürt Inflationssorgen und macht eine straffere Geldpolitik wahrscheinlicher.
Zehnjährige Bundesanleihen werfen wieder 0,63 Prozent ab nach 0,53 Prozent Anfang vergangener Woche. Der richtungsweisende Euro-Bund-Future liegt aktuell bei 157,89 Punkten nach 158,85 in der Vorwoche. Zehnjährige US-Staatsanleihen rentieren mit aktuell 3,11 Prozent mittlerweile deutlich über der wichtigen 3 Prozent-Marke. Der Renditeabstand zwischen den USA und Deutschland weitet sich im Übrigen aus: "So groß war der Spread zuletzt im April 1989", stellt Klaus Stopp von der Baader Bank fest.
Rom bereitet Kopfzerbrechen
Der Renditeaufschlag für italienische Staatanleihen ist unterdessen kräftig gestiegen, die Regierungsbildung der populistischen Parteien Fünf Sterne und Lega verunsichert die Märkte. Zum einen sind es die eurokritischen Stimmen, die nicht gut ankommen, zum anderen aber auch die angekündigten großzügigen Staatsausgaben und Steuersenkungen. Zwischenzeitlich machte sogar die Forderung nach einem Schuldenerlass in Höhe von 250 Milliarden Euro Schlagzeilen, die Meldung wurde später dementiert. "Die Sorgen um Italien haben sich auch auf andere Peripheriestaaten wie Spanien und Italien ausgewirkt", erklärt Arthur Brunner von der ICF Bank. Die Aufschläge für deren Staatsanleihen zogen ebenfalls an, wenn auch nicht in gleichem Ausmaß.
Gegen eine Neuauflage der Eurokrise sprechen nach Ansicht von Cyrus de la Rubia von der HSH Nordbank allerdings zwei wichtige Punkte: So habe Staatspräsident Mattarella klipp und klar gesagt, er werde keinen Haushalt absegnen, der nicht solide gegen finanziert sei. Eine entscheidende Rolle spielten auch die Investoren. "Eine Regierung hat keine Überlebenschancen, wenn ihr der Zugang zum Kapitalmarkt versperrt ist - 2012 lässt grüßen." Mittel- bis langfristig bestehe allerdings die Gefahr, dass das Land mit einer derartigen Regierung in der wirtschaftlichen Stagnationsfalle gefangen bleibe. Daraus könne in drei bis vier Jahren durchaus eine neue Eurokrise entstehen.
Auch Türkei und Argentinien beunruhigen
Unschöne Nachrichten kommen auch aus der Türkei und Argentinien, die Währungen beider Länder sind massiv unter Druck. Argentinien hat den IWF um Hilfe gebeten. "In der Türkei sorgte Präsident Erdogan mit einem Angriff auf die Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank für eine Beschleunigung des Abwärtstrends bei der türkischen Lira", erklärt de la Rubia. Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank berichtet von einem höheren Handelsaufkommen in einer auf türkische Lira lautenden KfW-Anleihe (WKN A1SR83) - in beide Richtungen. Derweil wird in Venezuela am Sonntag gewählt, allerdings glaubt kaum jemand an einen Wechsel. "Umsätze in den Anleihen sehen wir nicht", erklärt Daniel.
Flut an neuen Papieren
Von den Unternehmensanleihen blieb Brunner zufolge die relativ neue Anleihe von Sixt Leasing mit Laufzeit bis Mai 2022 und Kupon von 1,5 Prozent (WKN A2LQKV) gut nachgefragt. Eher abgegeben worden sei die Hybridanleihe von UBM Development (WKN A19W3Z). Daniel meldet Interesse an einer auf Euro lautenden Anheuser-Busch-Anleihe mit Laufzeit bis 2025 und Kupon von 1,5 Prozent (WKN A18ZDQ). Die Rendite liegt beim derzeitigen Kurs von 103,23 aber nur bei 1,01 Prozent. Gesucht bleiben wegen der Renditedifferenz Anleihen in US-Dollar, wie Rainer Petz von Oddo Seydler beobachtet hat.
Neues gab es Petz zufolge zum einen von Lanxess mit einem Bond mit Kupon von 1,125 Prozent und Laufzeit bis 2025 (WKN A2LQ5D). Außerdem hat BASF zwei neue Bonds auf den Markt gebracht: Der eine läuft bis 2025 und bietet 0,875 Prozent (WKN A2LQ5G), der andere bis 2030 mit 1,5 Prozent (WKN A2LQ5F) Verzinsung. Alle haben eine Stückelung von 1.000 Euro. "Angesichts des schwachen Anleihemarktes in dieser Woche sind sie derzeit noch unter Re-offer zu haben", stellt Petz fest. Stopp meldet noch eine Neuemission der RCI Banque (WKN A1905P), ebenfalls mit kleinanlegerfreundlichen Stückelung. Hier liegt die jährliche Verzinsung bei 1,625 Prozent bei einer Laufzeit bis 2026. Außerdem hat das Handelsunternehmen Würth ein Papier mit Kupon von 1 Prozent und Laufzeit bis 2025 (WKN A1905C) auf den Markt gebracht, wie Brunner ergänzt.
Von: Anna-Maria Borse
18. Mai 2018, © Deutsche Börse AG
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