Darauf haben Ökonomen händeringend gewartet: Die deutsche Industrie sendet endlich ein Lebenszeichen für den deutschen Wirtschaftsaufschwung. Nach vier Rückgängen in Folge hat die Industrie im Mai wieder mehr neue Aufträge erhalten. Dies dürfte die Sorge, dem deutschen Aufschwung gehe zunehmend die Puste aus, deutlich verringern.
Nach Angaben des statistischen Bundesamts vom Donnerstag hat die deutsche Industrie im Mai 2,6 Prozent mehr Aufträge erhalten als im Vormonat. Dies lag nicht nur deutlich über den Markterwartungen von plus 1,1 Prozent. Es war auch der erste Zuwachs überhaupt in diesem Jahr.
Dies sei das lang erwartete Lebenszeichen und zeige, dass sich die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte erholen dürfte, kommentierte Carsten Brzeski, Chefökonom der Direktbank Ing-Diba. In den vergangenen Monaten hatten dagegen zahlreiche schwache Konjunkturdaten die Sorge befeuert, dass sich die deutsche Wirtschaft spürbar abkühlen könnte. In den ersten drei Monaten war sie tatsächlich wesentlich schwächer als in den Quartalen davor gewachsen.
Positiv gewertet wurde darüber hinaus, dass der Auftragsrückgang im Vormonat nicht ganz so stark ausfiel wie zunächst gedacht. Anstatt eines Rücksetzers um 2,5 Prozent ergibt sich nach neuen Daten ein Minus von 1,6 Prozent. Im Jahresvergleich stieg der Auftragseingang im Mai um 4,4 Prozent. Auch das lag klar über den Markterwartungen.
Im Detail fielen die Daten ebenfalls überzeugend aus. So sind die Bestellungen für Investitionsgüter, die mitentscheidend für das volkswirtschaftliche Wachstum gelten, mit 4,7 Prozent deutlich gestiegen - allerdings nach einer enttäuschenden Entwicklung in den Vormonaten. Konsumgüter wurden mit plus 4,9 Prozent ebenfalls deutlich mehr geordert, während die Aufträge für Vorleistungsgüter leicht fielen.
Ein besonders starkes Auftragsplus kam mit 6,7 Prozent aus den Ländern der Eurozone. "Dies zeigt, dass die Konjunktur im gemeinsamen Währungsraum insgesamt noch rund läuft", kommentierte Thomas Gitzel, Chefökonom der Liechtensteiner VP Bank. "Vorausgesetzt der Handelsstreit eskaliert nicht weiter, wird das deutsche Wachstum im zweiten Halbjahr wieder etwas an Schwung gewinnen."
An den Finanzmärkten profitierte der Euro von den Zahlen. Er stieg um einen halben Cent und kletterte zeitweise über die Marke von 1,17 US-Dollar. Sichere Anlagen wie deutsche Bundesanleihen wurden weniger nachgefragt. An den Aktienmärkten kamen die Zahlen gut an./bgf/jsl/jha/
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