Die SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles hält die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemachten Europa-Reformpläne für unzureichend. "Wir haben dafür zu sorgen, dass der Euro krisenfest wird", sagte Nahles am Montag im Beisein von Portugals Finanzminister Mario Centeno nach einer Klausursitzung der Fraktion in Berlin. Wichtig sei aber auch eine gerechtere Besteuerung, dass Digitalkonzerne in Europa mehr Steuern zahlen und endlich Fortschritte bei der schon lange geplanten Finanztransaktionssteuer erzielt werden. "Dazu hat Frau Merkel nichts gesagt." Diese Punkte gehörten ebenfalls auf die Tagesordnung.
Merkel hatte in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" unter anderem Details zur Schaffung eines Europäischen Währungsfonds (EWF) genannt. In Schieflage geratene Staaten sollen mit mittel- und langfristigen Krediten unterstützt werden. "Wir freuen uns, dass CDU/CSU jetzt auch bereit sind, diesen Weg ganz konkret mitzugehen und ihn mit Leben zu füllen", sagte Nahles. Es gehe nicht um eine Antwort auf die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, sondern um ein gemeinsames Handeln aller europäischen Partner.
Dazu gehört auch ein Investitionshaushalt und der Kampf gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit in einigen Staaten. Merkel habe auch nichts gesagt zu europäischen Mindeststandards für Arbeitnehmer, etwa für Mindestlöhne und eine Grundsicherung in jedem EU-Land. Europa dürfe nicht nur über Finanzpolitik wahrgenommen werden. "Sondern es geht auch um ein soziales Europa mit ganz konkreten Fortschritten für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer", sagte Nahles.
In der SPD gibt es Unmut, dass Merkel die Vorschläge nicht erst dem Parlament erläutert habe. Auch Nahles wurde überrascht. "Wir sind noch nicht so weit gekommen, dass die Frau Kanzlerin ihre Interviewplanungen mit mir abstimmt, aber wir arbeiten daran."/ir/DP/jha
AXC0201 2018-06-04/15:48