Von Manuel Priego-Thimmel
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Ausverkauf der türkischen Lira hat Europas Börsen zum Wochenausklang schwer belastet. Der Dollar stieg auf ein Rekordhoch von 6,97 Lira - ein Plus von knapp 20 Prozent. Die Anleger fürchten sich vor einer systemischen Krise. Vor allem die Kurse der Banken standen unter Abgabedruck wegen Sorgen um die finanziellen Engagements der Geldhäuser in türkischen Schuldtiteln bzw deren Verbindungen mit türkischen Banken.
Der DAX fiel um 2,0 Prozent zurück auf 12.424 Punkte, für den Euro-Stoxx-50 ging es um 1,9 Prozent abwärts auf 3.426 Punkte. Die Talfahrt der Lira wurde noch verstärkt durch die Ankündigung der USA, die Strafzölle auf Aluminium und Stahl aus der Türkei zu verdoppeln. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gab sich kämpferisch und sieht sein Land in einem Wirtschaftskrieg. Diesen werde man nicht verlieren. Erdogan hat seine Mitbürger aufgefordert, mit Lira-Käufen die eigene Währung zu stützen.
Finanz- und Wirtschaftsminister Berat Albayrak, der zugleich der Schwiegersohn Erdogans ist, betonte bei der Vorstellung eines "neuen Wirtschaftsmodells" für die Türkei die Bedeutung der Unabhängigkeit der Zentralbank. Die Rede beruhigte die Gemüter jedoch nicht.
Der Türkei läuft die Zeit davon
Der Ausverkauf der Lira drückte auch auf den Euro. Die Gemeinschaftswährung knickte gegenüber dem Dollar auf 1,1415 Dollar ein nach rund 1,1525 Dollar am Vorabend. Teilnehmer sprachen von einer "Flucht in sichere Häfen", zu denen neben dem Dollar auch bundesdeutsche Staatsanleihen zählen. Deren Kurse sprangen auf Zweiwochenhochs. In Istanbul brach zudem die Börse ein - der BIST 100 verlor 2,3 Prozent. Gold konnte von der Entwicklung indes kaum profitieren.
Am türkischen Anleihemarkt stieg das Zinsniveau für Staatsanleihen mit zwei Jahren Laufzeit auf 23,43 Prozent. Die Zinskurve ist zunehmend invers, ein klares Anzeichen für massiven Stress und zunehmende Spekulationen über drohende Finanzprobleme des Landes. Die Rendite der 10-jährigen Papiere lag zu Börsenschluss bei 19,94 Prozent. Nach Einschätzung aus dem Handel läuft der Türkei die Zeit davon. Die Zentralbank müsse schnell und überzeugend handeln.
Spanische und französische Banken am stärksten in der Türkei engagiert
In Europa führte der Bankensektor mit Abgaben von 3,2 Prozent mit weitem Abstand die Verliererliste an. Die Anleger sorgen sich um das Exposure des Sektors in der Türkei. Nach Statistik der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) sind vor allem spanische Banken in der Türkei mit mehr als 80 Milliarden Dollar engagiert, gefolgt von französischen Geldinstituten, die es auf fast 40 Milliarden bringen. BBVA verloren 5,2 Prozent und BNP Paribas fielen um 3,0 Prozent zurück.
Unter Druck standen auch Europas Chipaktien nach einer Abstufung des Sektors durch Morgan Stanley. Die Analysten geben dem Sektor nur noch eine "In line"-Einstufung nach zuvor "Attractive". Unter anderem fielen STMicro um 4,9 Prozent, Infineon um 2,8 Prozent und ASML um 2,1 Prozent. Zur Begründung verwies Morgan Stanley auf die Schwäche bei Speicherchips und Auftragsfertigern.
K+S warnt vor zu hohen Schätzungen
Bei den Einzelwerten ragten K+S mit 7,2 Prozent Minus hervor. Das Unternehmen hat gewarnt, die kursierenden Gewinnschätzungen in diesem Jahr nicht zu erreichen. Die Enttäuschung darüber ist besonders groß, weil zuletzt Konkurrenzunternehmen aus den USA und Kanada mit ihren Geschäftszahlen eher noch positive Fantasie geschürt hatten.
Die Aktie des Autozulieferers Hella verlor nach Bekanntgabe des Nettoergebnisses 1,5 Prozent. Hella hat die Marge zwar wie erhofft gesteigert, allerdings sieht das Unternehmen sie im nächsten Jahr nur auf dem aktuellen Niveau. Bechtle sprangen im TecDAX nach einem erhöhten Ausblick um 4,9 Prozent nach oben. Nach einer Gewinnwarnung brachen Surteco dagegen um 13,4 Prozent ein.
=== . Index Schluss- Entwicklung Entwicklung Entwicklung . stand absolut in % seit . Jahresbeginn Europa Euro-Stoxx-50 3.426,28 -67,85 -1,9% -2,2% . Stoxx-50 3.100,12 -37,38 -1,2% -2,5% . Stoxx-600 385,86 -4,19 -1,1% -0,9% Frankfurt XETRA-DAX 12.424,35 -251,76 -2,0% -3,8% London FTSE-100 London 7.667,01 -74,76 -1,0% +0,4% Paris CAC-40 Paris 5.414,68 -87,56 -1,6% +1,9% Amsterdam AEX Amsterdam 562,98 -9,23 -1,6% +3,4% Athen ATHEX-20 Athen 1.966,12 -32,33 -1,6% -5,6% Brüssel BEL-20 Bruessel 3.818,94 -69,86 -1,8% -4,0% Budapest BUX Budapest 36.171,26 -673,73 -1,8% -8,1% Helsinki OMXH-25 Helsinki 4.235,70 -55,56 -1,3% +8,1% Istanbul ISE NAT. 30 Istanbul 117.375,79 -2575,26 -2,1% -16,8% Kopenhagen OMXC-20 Kopenhagen 990,43 -3,09 -0,3% -3,3% Lissabon PSI 20 Lissabon 5.642,35 -13,75 -0,2% +4,5% Madrid IBEX-35 Madrid 9.602,10 -152,50 -1,6% -4,4% Mailand FTSE-MIB Mailand 21.090,78 -543,47 -2,5% +0,0% Moskau RTS Moskau 1.056,93 -40,40 -3,7% -8,5% Oslo OBX Oslo 830,56 -10,65 -1,3% +11,8% Prag PX Prag 1.073,40 -5,87 -0,5% -0,4% Stockholm OMXS-30 Stockholm 1.616,82 -14,41 -0,9% +2,5% Warschau WIG-20 Warschau 2.247,15 -77,58 -3,3% -8,7% Wien ATX Wien 3.326,45 -37,24 -1,1% +0,6% Zürich SMI Zuerich 9.031,33 -114,35 -1,3% -3,7% DEVISEN zuletzt +/- % Fr, 8:40 Do, 17:20 % YTD EUR/USD 1,1400 -1,11% 1,1466 1,1567 -5,1% EUR/JPY 126,14 -1,52% 127,28 128,34 -6,8% EUR/CHF 1,1344 -0,96% 1,1426 1,1461 -3,1% EUR/GBP 0,8932 -0,60% 0,8962 0,8991 +0,5% USD/JPY 110,66 -0,39% 111,02 110,95 -1,8% GBP/USD 1,2763 -0,52% 1,2794 1,2866 -5,6% Bitcoin BTC/USD 6.500,39 -1,7% 6.466,99 6.526,57 -52,4% ANLEIHERENDITEN aktuell Vortag YTD absolut Deutschland 2 Jahre -0,64 -0,62 -0,03 Deutschland 10 Jahre 0,32 0,38 -0,11 USA 2 Jahre 2,62 2,65 0,73 USA 10 Jahre 2,88 2,93 0,47 Japan 2 Jahre -0,12 -0,12 0,02 Japan 10 Jahre 0,10 0,11 0,05 ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 67,61 66,81 +1,2% 0,80 +14,5% Brent/ICE 72,76 72,07 +1,0% 0,69 +13,4% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.211,38 1.212,43 -0,1% -1,05 -7,0% Silber (Spot) 15,32 15,45 -0,8% -0,13 -9,5% Platin (Spot) 830,40 833,50 -0,4% -3,10 -10,7% Kupfer-Future 2,75 2,77 -0,4% -0,01 -17,5% ===
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August 10, 2018 12:12 ET (16:12 GMT)
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