(neu: Aussagen aus Pressekonferenz zu Gewinnziel, Porto-Erhöhungen, Aus für Paketkasten und Kofferraum-Zustellung, Streetscooter, aktuelle Kursreaktion)
BONN (dpa-AFX) - Die Deutsche Post
Analysten zweifeln schon lange an dem 5-Milliarden-Ziel. Während Appel die Marke übertreffen will, gingen Experten für 2020 im Schnitt zuletzt lediglich von gut 4,7 Milliarden Euro aus. Nach Ansicht des Branchenexperten Daniel Roeska vom Analysehaus Bernstein hängt es von den Paketpreisen ab, ob die Post ihr Gewinnziel 2020 erreicht. Für 2019 waren sie hingegen zuversichtlicher gestimmt als der Post-Chef.
An der Börse wurden die Nachrichten erst mit Verzögerung positiv aufgenommen. Nach einem Abtauchen am Morgen kletterte die Post-Aktie bis zum frühen Nachmittag um 2,28 Prozent ins Plus und war zweitstärkster Wert im Dax. Damit war sie jedoch immer noch rund ein Viertel weniger wert als vor einem Jahr.
Appel beteuerte, dass der Konzern seine Hausaufgaben im Brief- und Paketgeschäft gemacht habe. Damit seien die Voraussetzungen geschaffen, auch über 2020 hinaus profitabel zu wachsen. Personal kürzt die Post nur in der Verwaltung. Im operativen Geschäft will sie wie schon im vergangenen Jahr weitere 5000 neue Stellen schaffen.
Außerdem hofft der Vorstand auf eine deutliche Erhöhung des Briefportos. Bis Jahresmitte soll die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde den Spielraum dafür festsetzen. Wie teuer ein bisher 70 Cent teurer Standardbrief wird, ist noch unklar. Erwartet wird aber ein kräftiges Plus auf deutlich mehr als 80 Cent. Appel verteidigte das Vorhaben. Die Briefmenge sinke um zwei bis drei Prozent pro Jahr, zugleich seien die Gehälter der Mitarbeiter 2018 um drei Prozent gestiegen. Daher müsse der Konzern handeln.
Finanzchefin Melanie Kreis zufolge konnte die Post ihren Paket-Umsatz Ende 2018 stärker steigern als die Sendungsmenge. "Das hatten wir davor sehr, sehr lange Zeit nicht, weil die Durchschnittspreise rückläufig waren", sagte sie. Die Post hatte die Preise für Pakete Ende 2018 und Anfang 2019 erhöht. Der größere Umsatzschub ist daher erst im laufenden Jahr zu erwarten.
2018 war der Konzern im Brief- und Paketgeschäft stark unter Druck geraten. Um die Betriebskosten zu senken, schickt sie Postbeamte aus ihrer Zeit als Staatskonzern in Frühpension. Außerdem ordnet die Post die Zustellung von Briefen und Paketen teilweise neu. Zusammen kosteten die Maßnahmen 2018 rund eine halbe Milliarde Euro. Vergangenen Juni musste Appel seine Prognose für den operativen Gewinn wegen der Probleme um fast eine Milliarde Euro kappen.
Trotz des Drucks will der Gelbe Riese Pakete weiterhin ohne Mehrkosten bis an die Haustüren der Empfänger bringen. "Wir glauben nicht, dass wir eine Extragebühr für die 'letzte Meile' von unseren Kunden erheben müssen", sagte Appel im Nachrichtensender n-tv. Positiv wertete er jedoch, dass einige Geschäftskunden den Verbrauchern je nach Zustell-Ziel bereits unterschiedliche Versandkosten berechnen. Die Endkunden wüssten dann besser, welchen Anteil die Zustellung an den Kosten habe.
Die "letzte Meile" - der letzte Abschnitt bis zur Paketübergabe - gilt als besonders zeitintensiv und teuer für Paket-Dienstleister. Die Konkurrenten Hermes und DPD erwarten, dass die Haustürzustellung künftig extra kostet und die Empfänger ihre Sendungen sonst im Paketshop abholen. Mit einem ähnlichen Gedanken will die Post in Deutschland 1000 weitere Packstationen aufstellen.
Im abgelaufenen Jahr steigerte der Konzern seinen Umsatz zwar um knapp zwei Prozent auf 61,6 Milliarden Euro. Der operative Gewinn ging jedoch auch wegen der 2018 beschlossenen, teuren Frühpensionierung vieler Postbeamter um knapp 16 Prozent auf 3,16 Milliarden Euro zurück. Der Überschuss brach wegen einer höheren Steuerlast sogar um fast ein Viertel auf rund 2,1 Milliarden Euro ein. Die Aktionäre sollen dennoch eine stabile Dividende von 1,15 Euro je Aktie erhalten.
Dass es nicht schlimmer kam, verdankte der Konzern den DHL-Sparten Express und Fracht. Während der operative Gewinn in der Kernsparte PeP mit Brief- und Paketgeschäft um mehr als die Hälfte auf 656 Millionen Euro einbrach, legte das Ergebnis der DHL-Bereiche um fast 13 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro zu.
Die PeP-Sparte (Post, E-Commerce, Paket) hat der Konzern seit Januar neu aufgeteilt. Den Bereich Post & Paket Deutschland übernimmt ab April der frühere McKinsey-Berater Tobias Meyer. Das Auslandsgeschäft, mit dem die Post das Paketgeschäft mit Endkunden auf viele, vor allem europäische Länder ausgedehnt hat, wurde zur vierten DHL-Sparte für sogenannte E-Commerce-Solutions, also Dienstleistungen für den Online-Handel. Der neue Spartenchef Ken Allen plant derzeit keine Ausweitung des Geschäfts auf noch mehr Länder - was der frühere Post- und Paket-Vorstand Jürgen Gerdes noch angekündigt hatte.
Gerdes hatte nach dem Gewinneinbruch seinen Hut genommen. Einige der unter seiner Ägide entwickelten Innovationen - der Paketkasten für Wohnhäuser und die Kofferraum-Zustellung - wurden nun eingemottet. Für den Paketkasten habe es zu wenig Nachfrage gegeben, sagte Appel. Und die Kofferraum-Zustellung funktioniere zwar technisch, doch böten bisher nicht genügend Autos die Voraussetzungen dafür.
Immer mehr gebaut wird der unter Gerdes entwickelte Elektro-Lieferwagen Streetscooter. Man habe nun einen Plan, wie man das Geschäft in die schwarzen Zahlen bringe, sagte Innovations- und Personalvorstand Thomas Ogilvie. Der Streetscooter ist auch bei externen Kunden gefragt, und die Post will die Jahresproduktion auf 20 000 Fahrzeuge ausweiten. Selbst hat sie bereits rund 9000 Streetscooter im Einsatz. Die Post-Führung erwägt, den Bereich zu verkaufen oder einen Partner mit ins Boot zu holen./stw/wdw/fba
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