BERLIN (dpa-AFX) - Der Handel will mehr Anstrengungen unternehmen, um in Supermärkten Verpackungsmüll zu verringern. Kai Falk, Geschäftsführer beim Handelsverband Deutschland, sagte der Deutschen Presse-Agentur vor einem Treffen mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD): "Der Handel unterstützt das Ziel von weniger Plastikverpackungen. Wir sind dialogbereit." Falk warnte aber zugleich vor zu großen Erwartungen an das Treffen mit Schulze am Mittwoch. "Es ist ein erster runder Tisch. Nicht nur der Handel, auch die Industrie und die Recyclingwirtschaft sind gefragt."
Schulze kommt in Berlin mit Vertretern großer Handelsunternehmen, Herstellern sowie von Umwelt- und Verbraucherverbänden zusammen. Sie hatte im November einen Fünf-Punkte-Plan für weniger Plastik und mehr Recycling vorgelegt. Es müsse ein Umdenken geben, denn die Folgen der "Wegwerfgesellschaft" seien vermüllte Strände und Meere.
Im Handel solle schon beim Verkauf von Waren weniger Plastik anfallen. Schulze setzt vor allem auf freiwillige Vereinbarungen mit der Branche. Konkret geht es etwa um in Plastik verpackte Bio-Gurken, Bananen oder Äpfel. Vorbild soll die Selbstverpflichtung von Unternehmen sein, Plastiktüten nicht mehr umsonst abzugeben.
Schulze drohte aber notfalls auch gesetzliche Regelungen an. Zwar zeige die Erfahrung, dass freiwillige Lösungen manchmal mehr brächten als Zwang, sagte die Ministerin der "Rheinischen Post" (Mittwoch). Sie betonte aber auch: "Dort wo wir mit freiwilligen Vereinbarungen nicht weiter kommen, kommen Anreize, Quoten und klare Regeln zum Einsatz."
Es gebe viele freiwillige Initiativen im Handel für weniger Verpackungen, sagte Handelsverbandschef Falk. "So konnte der Verbrauch von Einwegtragetaschen aus Kunststoff in den letzten beiden Jahren halbiert werden." Ziel sei es nun, Verpackungen in der Obst- und Gemüseabteilung zu reduzieren. Ausgebaut werde das Angebot von Mehrwegboxen an Frischetheken. Daneben gehe es aber auch um mehr Recycling. Der Handel brauche Unterstützung, sagte Falk. So stünden aufwendige Prüfverfahren dem Einsatz von Recyclingmaterial bei Lebensmittelverpackungen im Wege.
Die Handelskette Edeka verwies auf die Mitverantwortung der Produzenten. "Der Handel kann nicht alle Probleme alleine lösen", hieß es von dem Unternehmen. "Unser Einfluss erstreckt sich nur auf unsere Eigenmarken, und da tun wir bereits sehr viel." Rund 75 Prozent der Produkte in einem Edeka-Markt seien aber Markenartikel, die inklusive Verpackung fertig von den Herstellern geliefert würden.
Die Umweltschutzorganisation WWF sieht bei dem Problem die Produzenten in der Pflicht. "Deutschland gehört zu den Top-Verursachern von Verpackungsmüll in der EU", sagte Heike Vesper, Leiterin des internationalen Meeresschutzbüros des WWF in Hamburg, der dpa. "Oberste Priorität muss daher immer sein, erst gar nicht so viel Verpackungen zu produzieren. Und wenn Verpackungen nicht zu vermeiden sind, dürfen sie zumindest keine Stoffe und Stoffverbindungen enthalten, die das spätere Recycling stören."
Neben den Produzenten sei aber auch die Bundesregierung in der Pflicht, die über ein Gebührensystem bessere Anreize zur Vermeidung und zum Recycling schaffen könne. "Freiwillige Selbstverpflichtungen und nationale Gesetze sind wichtig, aber nicht ausreichend, denn das Problem kennt keine Grenzen." Deshalb bräuchte es eine globale Konvention, die weltweit die Müllreduktion und ein verbessertes Abfallmanagement gesetzlich vorschreibt. "Dafür muss sich Svenja Schulze auf der anstehenden UN-Umweltkonferenz in Nairobi einsetzen."
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte die angestrebten freiwilligen Lösungen als nicht ausreichend. "Ziel muss sein, dass der Verpackungsabfall in Deutschland bis 2030 halbiert wird", sagte Hofreiter der "Augsburger Allgemeinen" (Mittwoch)./hoe/tos/DP/stk
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