APA ots news: Novellierung des Börsegesetzes gemäß EU-Richtlinie bringt Informationsverpflichtungen und Stärkung von Aktionärsrechten
Finanzausschuss beschließt zudem EU-Finanz-Anpassungsgesetz
2019
Wien (APA-ots) - Um der EU-Richtlinie zur Förderung der langfristigen
Mitwirkung der Aktionäre nachzukommen, hat der Finanzausschuss heute
eine Novelle des Börsegesetzes 2018 verabschiedet (624 d.B.). Eine
Mehrheit kam durch ÖVP, FPÖ und NEOS zusammen. Gesellschaften können
dadurch künftig - durch Intermediäre - mit ihren Aktionären, die
mindestens 0,5% Anteile halten, kommunizieren. Damit einher gehen
Informationsverpflichtungen für Unternehmen, zum Zwecke der
Transparenz und der Sicherstellung der nachhaltigen Mitwirkung der
Aktionäre an der Gesellschaft. Die von der Vorgängerregierung
vorgelegte Gesetzesänderung war für die ÖVP und FPÖ außerdem Anlass
zur Einbringung eines gemeinsamen §27-Antrags. Zur Erfüllung weiterer
EU-Richtlinien wurde auf diese Weise mit den Stimmen der beiden
Fraktionen ein umfassendes Paket, das EU-Finanz-Anpassungsgesetz
2019, beschlossen. Die restlichen Fraktionen konnten dem Vorstoß
durchaus etwas abgewinnen, versagten ihre Zustimmung allerdings
vorerst aufgrund der kurzfristigen Einbringung.
Offenlegung von Anlegestrategien und "Mitwirkungspolitik"
Gesellschaften können durch die EU-konforme Anpassung des
Börsegesetzes ihre Aktionäre künftig identifizieren ("Know your
Shareholder") und ihre Daten durch Intermediäre (Wertpapierfirmen,
Kreditinstitute oder Zentralverwahrer) übermittelt bekommen, sofern
diese mindestens 0,5% an Aktien oder Stimmrechten halten. Die
geradlinige Kommunikation soll die Ausübung von Aktionärsrechten
sowie die Zusammenarbeit erleichtern. Zur Erhöhung der Kommunikation
und Sicherstellung der Transparenz hinsichtlich der Anlagestrategien
sowie der nachhaltigen Mitwirkung der Aktionäre an der Entwicklung
der Gesellschaft sieht das Gesetz auch neue
Informationsverpflichtungen für Unternehmen vor. Sie betreffen die
Intermediäre, institutionelle Anleger, Vermögensverwalter und
Stimmrechtsberater.
Festgelegt ist die Herstellung von Transparenz durch eine Offenlegung
der "Mitwirkungspolitik" seitens der Unternehmen. Die Integration der
Aktionäre in die Anlegestrategie soll damit ebenso veröffentlicht
werden wie die Umsetzung der Mitwirkungspolitik. In einem jährlichen
Bericht soll außerdem die Informationsbeschaffung und -Verarbeitung
dargelegt und Kunden über tatsächliche und potenzielle
Interessenkonflikte informiert werden. Stimmrechtsberater haben sich
des weiteren künftig an einen Verhaltenskodex zu halten.
Zentraler Punkt der Ausschussdebatte zur Novelle des Börsegesetzes
war die Schwellenwertregelung, wonach Gesellschaften das Recht haben,
ihre Aktionäre erst ab einem Anteil von 0,5% zu identifizieren. Dass
der Wert von 0,5% in der ursprünglichen, in Begutachtung geschickten,
Version nicht enthalten war und erst anschließend hinzugefügt wurde,
kritisierten sowohl Reinhold Einwallner (SPÖ), Kai Jan Krainer (SPÖ)
und Bruno Rossmann (JETZT). Kleinanleger würden nicht berücksichtigt
werden, so Rossmann. Finanzminister Eduard Müller erläuterte, dass
diese Festlegung aufgrund von Stellungnahmen und
Experteneinschätzungen auf Basis der spezifisch österreichischen
Situation vorgenommen wurde - hierzulande gebe es kaum derart große
Unternehmen. Außerdem sei man vom Gedanken geleitet gewesen, kein
Gold Plating zu betreiben, so Müller. Das würde seiner Ansicht nach
nämlich politisches Gestalten bedeuten. Die Übergangsregierung aber
handle mit dem Selbstverständnis, nicht politisch tätig zu werden.
SPÖ-Finanzsprecher Krainer teilte diese Einschätzung nicht. Weder
erschien ihm die Festlegung des Schwellenwerts auf einer fachlichen
Entscheidung zu beruhen, noch habe er Verständnis für die Minderung
gewohnt höherer Standards. Laut EU-Richtlinie wäre ein Wert zwischen
0,1% und 0,5% möglich gewesen. NEOS-Mandatar Gerald Loacker zeigte
sich mit der Gesetzesänderung grundlegend zufrieden.
EU-Finanz-Anpassungsgesetz zur Umsetzung mehrerer EU-Richtlinien
Im Zusammenhang mit dem Börsegesetz segnete der Finanzausschuss ein
als §27-Antrag eingebrachtes Paket zur Umsetzung von mehreren
EU-Richtlinien ab, die ein breites Spektrum umfassen. Sie betreffen
unter anderem Besteuerungsstreitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten,
ferner die strafrechtliche Bekämpfung von Betrug gegen finanzielle
Interessen der Union, das öffentliche Angebot von Wertpapieren sowie
die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Zudem
sollen mit dem Gesetzespaket die Beanstandungen der Europäischen
Kommission wegen der unzureichenden Umsetzung der vierten
Geldwäsche-Richtlinie ausgeräumt werden.
Mit dem EU-Besteuerungsstreitbeilegungsgesetz und Änderungen der
Bundesabgabenordnung wird künftig die Beilegung von Streitigkeiten
aufgrund von Doppel- oder Mehrfachbesteuerungen zwischen Österreich
und anderen Mitgliedstaaten und die Option auf ein
schiedsgerichtliches Verfahren ermöglicht. Das Kapitalmarktgesetz
2019 ersetzt das alte KMG, um eine entsprechende EU-Verordnung
anwendbar zum Prospektrecht zu machen. Im Wesentlichen werden die
Regeln für das nicht harmonisierte öffentliche Angebot von
Veranlagungen aus dem bestehenden in das neue Gesetz übertragen.
Zur Umsetzung der fünften Geldwäscherichtlinie sind außerdem
Änderungen im Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, im Wirtschaftliche
Eigentümer Registriergesetz und im Glücksspielgesetz nötig. Das
betrifft die Beaufsichtigung von Dienstleistern in Bezug auf
virtuelle Währungen durch die Finanzmarktaufsicht, die Festlegung von
verstärkten Sorgfaltspflichten bei Transaktionen und
Geschäftsbeziehungen mit Kunden aus Drittländern mit hohem Risiko
sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit der FMA mit nationalen und
internationalen Behörden. Außerdem sind Maßnahmen zur Gewährleistung
der Datenqualität auf Basis der Vorgaben vorgesehen.
Peter Haubner (ÖVP) bezeichnete den Antrag als
"Eins-zu-eins-Umsetzung" der EU-Richtlinien mit großer Bedeutung für
den Finanzstandort Österreich. Im Wesentlichen wurde die Umsetzung so
vorbereitet, um sie losgelöst von anderen Maßnahmen behandeln zu
können, sagte Finanzminister Eduard Müller. Der rasche Beschluss sei
nötig, um das Risiko von Vertragsverletzungsverfahren zu umgehen.
SPÖ, NEOS und Liste Jetzt kritisierten den Vorgang der kurzfristigen
Einbringung als §27-Antrag, wodurch keine genaue Beurteilung möglich
war. Man werde die Zeit bis zum nächsten Plenum nutzen, um sich ein
besseres Bild über den konkreten Inhalt des 150 Seiten umfassenden
Pakets zu verschaffen, so der Tenor. ÖVP-Finanzsprecher und
Ausschussvorsitzender Karlheinz Kopf bat um Verständnis und
rechtfertigte das Vorgehen vor dem Hintergrund der Dringlichkeit der
Umsetzung der Richtlinien, um eine Beschlussfassung im Herbst zu
garantieren und somit Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden.
Ursprünglich wäre der Weg durch den Ministerrat geplant gewesen,
informierte der Finanzminister. Aufgrund der zeitlichen Entwicklung
wurde sodann der Weg über den Ausschuss genommen, um den knappen
Parlamentsfahrplan zu nutzen. Er sei selbst an den Ausschussobmann
herangetreten, so Müller. Laut JETZT-Finanzsprecher Bruno Rossmann
wäre die Einbringung auch als Regierungsvorlage zeitgerecht möglich
gewesen. Dass in den Antrag ÖVP und FPÖ, nicht aber die anderen
Parteien eingebunden waren, missfiel ihm. Müller versicherte
daraufhin, die Möglichkeit der legistischen Unterstützung allen Klubs
anzubieten.
Zum laufenden Vertragsverletzungsverfahren betreffend die vierte
Geldwäsche-Richtlinie informierte sich Abgeordneter Rossmann über den
aktuellen Stand der Dinge. Die Umsetzung sei durch die Bundesländer
in Vorbereitung, antwortete der Finanzminister. Außerdem werden
zeitgerechte Vorkehrungen für die fünfte Geldwäsche-Richtlinie
getroffen. Von der Liste JETZT und der SPÖ kritisch beleuchtet wurde
in diesem Zusammenhang auch die seitens EU bemängelte Tatsache, dass
ImmobilienmaklerInnen von der Sorgfaltspflicht ausgenommenen sind.
Mandatar Krainer kündigte an, im Plenum einen entsprechenden
Entschließungsantrag einbringen zu wollen, um diese Ausnahme zu
beseitigen. (Fortsetzung Finanzausschuss) fan
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OTS0161 2019-06-25/14:00
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