
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing sieht die Notenbanken mit ihrem Latein am Ende. "Die Zentralbanken haben kaum noch Mittel, um eine echte Wirtschaftskrise wirkungsvoll abzudämpfen", sagte Sewing am Mittwoch bei einer Bankentagung in Frankfurt. "Sie haben bereits jetzt den Geldhahn bis zum Anschlag aufgedreht - allen voran die Europäische Zentralbank."
Angesichts immer düsterer Aussichten für die Konjunktur hat die Europäische Zentralbank (EZB) Handlungsbereitschaft signalisiert. Im Raum stehen neue Anleihenkäufe sowie eine Verschärfung des Strafzinses für Bankeinlagen. Derzeit verlangt die EZB von Geschäftsbanken 0,4 Prozent Zinsen für geparkte Gelder. EZB-Präsident Mario Draghi hatte angedeutet, dass dieser negative Einlagensatz weiter ins Minus gesenkt werden könnte - möglicherweise schon bei der nächsten EZB-Sitzung am 12. September. Der Strafzins soll Banken dazu bringen, mehr Kredite zu vergeben und so die Wirtschaft anzukurbeln.
"Gesamtwirtschaftlich wird eine weitere Zinssenkung auf dem
aktuellen Niveau verpuffen. Sie wird lediglich die Vermögenspreise
weiter in die Höhe treiben und die Sparer weiter belasten", sagte
Sewing. Schon jetzt belaste die EZB-Zinspolitik die Branche enorm.
"Allein uns als Deutsche Bank
Auch eine Staffelung des Strafzinses, über die die Währungshüter diskutieren, würde nach Einschätzung des Deutsche-Bank-Chefs am Grundproblem nichts ändern. Sewings Fazit: "Auf eine ernsthafte Wirtschaftskrise ist die Welt nicht gut vorbereitet - und Europa schon gar nicht."
Deutschland müsse zudem im eigenen Land mehr investieren, um die Grundlagen für künftiges Wachstum zu legen, mahnte Sewing. "Seit Jahren werden wir dafür kritisiert, dass wir als Land zu wenig investieren - und diese Kritik ist berechtigt." Es gehe "nicht um ein klassisches Konjunkturprogramm", es gehe um Technologie, bessere Forschungszentren, bessere Bildung, bessere Datennetze.
Für eine Neuordnung der Bankenbranche in Europa zeigte sich Sewing grundsätzlich offen. "Wir brauchen in Europa den Mut zur Konsolidierung. Wir brauchen auch größere Banken. Aber die Voraussetzungen müssen passen." Noch hemmten zum Beispiel unterschiedliche Insolvenzordnungen in den einzelnen europäischen Ländern grenzübergreifende Zusammenschlüsse.
Im Frühjahr hatten Deutsche Bank und Commerzbank
Commerzbank-Chef Martin Zielke zeigte sich ebenfalls offen für neue Fusionsanläufe: "Ich würde gerne, wenn es möglich wäre, in unserem zersplitterten Markt Konsolidierung vorantreiben. Ich würde gerne eine Sparkasse kaufen."/ben/stw/DP/men
ISIN DE000CBK1001 DE0005140008
AXC0144 2019-09-04/11:58