Von Olaf Ridder
FRANKFURT (Dow Jones)--Bayer greift tief in die Tasche, um auf dem zukunftsträchtigen Feld der Zelltherapien ganz vorne mitzumischen. Bis zu 600 Millionen Dollar macht der deutsche Pharmakonzern laut Mitteilung insgesamt locker, um Bluerock Therapeutics zu übernehmen, ein Start-up aus Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts. Ein wesentlicher Grund: Die Forscher dort stehen womöglich vor einen Durchbruch bei der Parkinson-Krankheit, an der weltweit 7 Millionen Menschen leiden und die sich immer weiter ausbreitet.
Konkret setzen die Forscher darauf, die degenerative Veränderung des Nervensystems bei den Betroffenen, die für den fortschreitenden Verlust ihrer motorischen Kontrolle verantwortlich ist, mit Hilfe von genomeditierten Zellen gezielt reparieren und den Abbau umkehren zu können. Bislang gilt Parkinson als unheilbar. Noch in diesem Jahr soll das Parkinson-Programm in die klinische Phase gehen.
Ein zweites Forschungsprogramm von Bluerock dreht sich um den Ersatz von abgestorbenen Herzmuskelzellen. Hier steckt die Forschung aber noch in den Kinderschuhen, sagte ein Sprecherin von Bayer. Bluerocks wesentliches Kapital ist eine Plattform für induzierte pluripotente Stammzellen, die laut Bayer branchenweit führend ist. Der Therapieansatz läuft darauf hinaus, Reparaturzellen von dieser Plattform so an die DNA des Patienten anzupassen, dass sie vom Körper angenommen werden. Bluerock hat sich auf Zelltherapien in den Bereichen Herz, Nerven- und Immunsystem spezialisiert.
"Diese Akquisition ist ein wichtiger Meilenstein auf unserem Weg zu einer führenden Position im Bereich der Zelltherapie", sagte der für das Pharmageschäft zuständige Bayer-Vorstand Stefan Oelrich. Gesucht werden Behandlungsoptionen, die es bislang nicht gegeben habe.
Bayer war 2016 neben Versant Ventures an der Erstrundenfinanzierung des Start-ups beteiligt, dessen Wert jetzt bei rund 1 Milliarde Dollar liegt. Knapp 41 Prozent der Anteile gehören Bayer schon. Um die restlichen knapp 60 Prozent zu erwerben, zahlt der Konzern den Anteilseignern, darunter auch die Gründer, 240 Millionen Dollar in bar. Bei definierten Forschungserfolgen werden später noch bis zu 360 Millionen Dollar fließen.
Bayer rechnet damit, dass die Transaktion bis September über die Bühne geht. Das Biotech-Unternehmen soll nicht in den Konzern eingegliedert werden, sondern operativ eigenständig bleiben.
Der DAX-Konzern setzt verstärkt auf den Einkauf von vielversprechenden Medikamentenkandidaten und neuen Ansätzen in der Pharma-Forschung. Bayer braucht dringend neue Medikamente. Bei wichtigen Blockbustern laufen in den nächsten Jahren die Patente aus.
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August 08, 2019 07:19 ET (11:19 GMT)
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