Verbraucher in Europa sollen nach dem Willen der EU-Staaten künftig einfacher ihre Rechte gegen große Firmen durchsetzen können. Die Industrieminister verständigten sich am Donnerstag in Brüssel auf eine gemeinsame Linie zur Einführung von Sammelklagen. In absehbarer Zeit könnten damit die Verhandlungen mit dem Europaparlament starten. Erst nach einer Einigung zwischen beiden Seiten könnten die neuen Vorgaben in Kraft treten.
Im Zuge des VW
Die Vereinbarung gebe Verbrauchern Möglichkeiten, ihre Rechte in allen EU-Staaten durchzusetzen, sagte der finnische Minister Timo Harakka. Unternehmer würden zugleich vor Klagemissbrauch geschützt. Finnland hat derzeit den Vorsitz unter den EU-Ländern inne.
Die EU-Staaten verständigten sich unter anderem darauf, dass berechtigte Einrichtungen für grenzüberschreitende Klagen ein gewisses Maß an öffentlichen Aktivitäten und Unabhängigkeit aufweisen müssten. Für Prozesse innerhalb eines Landes sollen die Staaten die Möglichkeit haben, jeweils eigene Kriterien zu bestimmen.
In Deutschland gibt es mit der Musterfeststellungsklage bereits eine Möglichkeit für Kollektivklagen. Verbraucherschützer können hier stellvertretend für Tausende Verbraucher vor Gericht zu ziehen. Vor dem Oberlandesgericht Braunschweig wird derzeit eine Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) für rund 445 000 Dieselkunden verhandelt. Im September 2015 hatte VW nach Prüfungen von Behörden in den USA Manipulationen an den Abgaswerten von Dieselautos zugegeben.
Bei der Abstimmung in Brüssel enthielt Deutschland sich nun mit dem Verweis darauf, dass an der geplanten Richtlinie noch nachgebessert werden müsse - vor allem, um missbräuchliche Klagen zu verhindern.
Kritik kam unter anderem vom Verband der Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA). "Die Einführung einer europäischen Sammelklage birgt große Missbrauchsgefahr", sagte VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. "In den USA haben Sammelklagen zu einer Abzock-Mentalität geführt, die sich nicht mit dem Argument des Verbraucherschutzes rechtfertigen lässt."
"Deutschland hat mit der Musterfeststellungsklage bereits ein Rechtsinstrument, das den Interessen der Verbraucher ausreichend Rechnung trägt", sagte der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Norbert Fiebig. Bei einem so weitgehenden Instrument einer Sammelklage seien strenge Klagevoraussetzungen nötig. "Unternehmen der Reisewirtschaft könnten erhebliche Schäden erleiden."
Der europäische Verbraucherverband Beuc zeigte sich hingegen optimistischer. Es sei zu hoffen, dass in den Verhandlungen zwischen den Staaten und dem Europaparlament ein positives Ergebnis für Verbraucher herauskomme, hieß es.
In Sachen Steuertransparenz für Unternehmen gab es bei dem Treffen hingegen keinen Durchbruch. Die EU-Kommission hatte 2016 vorgeschlagen, dass multinationale Konzerne ihre Steuerabgaben öffentlich machen müssten. Damit sollte Steuervermeidung stärker bekämpft werden. Unternehmen, die in der EU aktiv sind und einen Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro aufweisen, sollten demnach ihre Steuerzahlungen auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen ("Public Country-by-Country-Reporting"). Im Kreis der EU-Minister gab es dafür aber nicht die notwendige Mehrheit. Deutschland enthielt sich auch hier./asa/DP/jha
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AXC0205 2019-11-28/16:42