DJ Chemieindustrie sieht gute industriepolitische Ansätze in SPD-Programm
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die deutsche Chemieindustrie hat das vom SPD-Bundesparteitag am Sonntag beschlossene Wahlprogramm in Teilen positiv bewertet. "Aus Sicht des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) finden sich darin gute industriepolitische Ansätze, aber auch Wachstumsbremsen", erklärte der Verband in einer Mitteilung. "Die SPD greift wichtige industriepolitische Elemente zur Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland auf, bleibt aber auf wichtigen Feldern hinter den Erwartungen zurück", sagte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup.
Der VCI bewerte positiv, dass zum Beispiel das Problem der hohen Strompreise erkannt werde und mit der Abschaffung der EEG-Umlage angegangen werden solle. Positiv gesehen werden auch Ansätze zur Förderung von Innovationen. "Die SPD adressiert die Förderhürden für kleine und mittlere Unternehmen." Auch das Ziel, durch Forschungsinvestitionen im Pharmabereich und bei Medizinprodukten die besten Medikamente und medizinischen Produkte zu entwickeln, begrüße der VCI. Das gelte auch überwiegend für die Ideen zur Mobilität und zur Infrastruktur.
In anderen Bereichen bleibe das Programm aber hinter den Erwartungen der chemischen Industrie zurück. So fehle eine klare Aussage zur Beschleunigung von Planungsverfahren und zum Bürokratieabbau. "Als Bremse für Innovation und Wachstum wirkt leider der Steuerteil des SPD-Programms", erklärte Große Entrup. Die angedachten Steuererhöhungen und -verschärfungen träfen die Wirtschaft hart. Insbesondere der industrielle Mittelstand werde durch die vorgeschlagene Erhöhung der Einkommenssteuer, eine Verschärfung der Erbschaftssteuer und Wiedererhebung der Vermögenssteuer massiv getroffen.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte bereits im Vorfeld den Leitantrag zu dem SPD-Programm als "Wunschliste ohne erkennbare Strategie" kritisiert. "Aus Sicht der deutschen Industrie fehlen wichtige Antworten", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. "Die wenigen konkreten Maßnahmen in Form höherer Steuern richten sich leider oft gegen die Unternehmen." Die Pläne zur Wiedereinführung der Vermögenssteuer und zur Erhöhung der Einkommenssteuer sowie eine geplante Verschärfung der Erbschaftssteuer seien Gift für Investitionen und gefährdeten Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung.
Laut BDI bleiben selbst bei den "wirtschaftsfreundlich gedachten Ansätzen" in der Energiepolitik viele Fragen offen. Richtig sei es, für wettbewerbsfähige Industriestrompreise zu sorgen oder die EEG-Umlage vollständig aus dem Bundeshaushalt bezahlen zu wollen. Die SPD scheue sich jedoch, deutlich zu machen, wie die zukünftige Ausrichtung des Systems aus Steuern, Abgaben und Umlagen aussehen soll. Damit bleibe viel zu vage, wie der Umstieg von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien in der Industrie auch nur kleine Schritte vorankommen solle. Unklar bleibe, wie die Sozialdemokraten die technologische Zukunftsfähigkeit befördern wollten.
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May 10, 2021 07:15 ET (11:15 GMT)
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