FRANKFURT (dpa-AFX) - Keine Spur von ruhiger Besinnlichkeit am deutschen Aktienmarkt in der Weihnachtswoche. Vielmehr ist die Spannung unter den Anleger hoch. Schließlich geht es um die Frage, ob die jüngste Börsenrally dem Dax noch vor Heiligabend einen Rekordhoch beschert. Zwei Themen spielen hier eine bedeutende Rolle. Sie halten die Börsen dies- und jenseits des Atlantiks bereits seit geraumer Zeit in Atem und haben ihnen schon des Öfteren die Richtung vorgegeben: das seit langem erwartete, milliardenschwere Hilfspaket der US-Regierung gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sowie ein Brexit-Handelspakt.
Aktuell glauben die Marktteilnehmer noch an Erfolge, was den Börsen insgesamt zugute kommt. Die Corona-Sorgen sind dagegen nach den begonnenen und beginnenden Impfungen gegen das Virus trotz hoher Neuinfektionszahlen zunehmend in den Hintergrund gerückt.
Die Marktanalysten Craig Erlam vom Broker Oanda Europe und Stephen Innes von Axi erwarten ein ereignisreiches Wochenende. "Brexit-Deal und US-Hilfspaket - beides ist noch nicht in trockenen Tüchern", sagte Innes, auch wenn die Märkte sich insgesamt weiter optimistisch zeigten. Da die Deadlines jedoch bislang immer wieder verschoben, wurden, sei nun ist die Zeit eng, um noch in diesem Jahr etwas auf den Weg zu bringen. "Das schafft erhöhte Unsicherheit zum Jahresende hin", sagte Erlam.
Dennoch ist auch er eher positiv gestimmt: "Es hat ganz den Anschein, dass die Verhandelnden auf beiden Seiten des Atlantiks beschlossen haben, noch ein paar Gesprächstage herauszuquetschen, bevor sie sich - unter den aktuellen Umständen metaphorisch gesprochen - die Hände schütteln und ihre Deals besiegeln."
Und Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect gibt sich überzeugt: "Der Dax steht in den Startblöcken, um in der kommenden Woche die Jahresendrally fortzusetzen und den im Februar erreichten Rekord knapp unter 13 800 Punkten zurückzuerobern." Dabei spiele auch das so genannte "Window-Dressing" eine immer wichtigere Rolle. Fondsmanager, die die Rally verpasst und ihren Anlegern noch keine gute Rendite bieten konnten, wollen ihre Schwächen kaschieren. Daher werfen sie schlecht gelaufene Aktien aus ihrem Portfolio und kaufen stattdessen die gut gelaufenen, was für weiter steigende Börsen sorgen könnte.
Sollten die Deals in den USA sowie zwischen der Europäischen Union und Großbritannien wider Erwarten scheitern, dürfte jedoch Ungemach drohen. Dabei wird vor allem das Thema Brexit von den Marktexperten als das unsicherere und daher als das brisantere angesehen. "Bis zum Jahresende stehen die EU und Großbritannien noch in regen Verhandlungen über einen geregelten Austritt Großbritanniens aus der EU. Sollten diese scheitern, wird dies nicht spurlos an den deutschen Standardwerten vorbeigehen", so Lipkow.
Seitens der Konjunktur stehen in der Woche bis inklusive Donnerstag nur wenige Daten auf der Agenda, die allesamt kaum marktbewegend sein dürften. In Deutschland könnte am Dienstag als wohl wichtigstes Ereignis allenfalls das GfK-Verbrauchervertrauen für Januar in Blick rücken.
Auch unternehmensseitig dürfte es eher ruhig zugehen. Allerdings werden die Indizes nach dem großen Verfallstag an den Terminbörsen neu zusammengesetzt. Während im Dax alles unverändert bleibt, wird Siemens Energy in den MDax aufgenommen und verdrängt so den Leasingspezialisten Grenke . Dieser steigt in den SDax ab und nimmt den Platz von Tele Columbus ein. Zudem gibt es noch sechs weitere Neuzugänge im Nebenwerte-Index, unter ihnen auch der Autozulieferer ElringKlinger . Zudem kommen Corona-Krisengewinner wie die Online-Möbelhändler Home24 und Westwing in den Nebenwerte-Index./ck/mis
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---