
Je mehr Konjunkturpakete seitdem geschnürt werden und je besser sich die Zahlen bei den Neuinfektionen mit Covid-19 entwickeln, umso häufiger wagen sich Anleger wieder aus der Deckung. Allein in der zurückliegenden Woche hat der Dax wieder rund 10 Prozent dazugewonnen, seit dem Tiefpunkt Mitte März ging es sogar um fast 30 Prozent nach oben. Das Problem: Die offizielle Quittung des weltweiten Lockdowns kommt erst noch. Wie stark sich die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie genau auf die Wirtschaft ausgewirkt haben, ist noch immer nicht klar zu beziffern.
Während Deutschland noch einer geeignete Exit-Strategie sucht, haben sich einige Länder bereits vorsichtig an eine Lockerung ihrer Maßnahmen gewagt. Vor diesem Hintergrund sehen einige Experten schon jetzt wieder Licht am Ende des Tunnels. "Ein Hauch von Entspannung macht sich breit", schrieb etwa Marktexperte Christian Apelt von der Landesbank Helaba. Zwar habe die Zahl der Corona-Toten erheblich zugenommen. Die Dynamik lasse jedoch bei den bestätigten Neuinfektionen nach.
Andere Beobachter werden nicht müde zu betonen, dass es sich hierbei um eine "Bärenmarktrally? handeln dürfte, in der auf einen starken Absturz zwischenzeitlich deutliche Erholungsbewegungen folgen, bevor es zu weiteren Kurseinbrüche kommt. "Die Unsicherheiten bleiben extrem hoch", hieß es in einer aktuellen Studie der DZ Bank. In den Gewinnschätzungen der Analysten würden sich die Folgen der Corona-Krise demnach bisher nur unzureichend wiederfinden. Und die Vielzahl an Reduzierungen der Unternehmensausblicke und Streichungen von Dividenden zeigten, wie ernst die Lage sei. Gleichwohl berge die aktuelle Situation auch Chancen für risikobereite Investoren.
Aktienmarktexperte Robert Halver sieht in den anstehenden Osterfeiertagen nun den "Puddingtest? für die Märkte. "Setzen in der nächsten Woche Dax und Co. ihre, wenn auch schwankungsstarke, Befestigung fort, stehen die Zeichen mindestens für eine Bodenbildung gut", schrieb er in einem Marktkommentar. "Anderenfalls könnten umfangreiche Gewinnmitnahmen zu erneuten Kursrücksetzern von nervösen Anlegern führen."
Ökonomen gehen mittlerweile davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie um mehr als vier Prozent einbrechen wird. Am schlimmsten soll der Rückgang dabei im zweiten Quartal ausfallen. Die Bundesregierung arbeitet bereits an einem weiteren Konjunkturprogramm, erste Finanzspritzen in Milliardenhöhe wurden bereits ausgezahlt. In den USA, wo sich das Virus zuletzt besonders stark ausgebreitet hat, hat die US-Notenbank Fed ihrerseits ein billionenschweres Kreditprogramm angekündigt. Und in Japan hat die Regierung zuletzt das bislang größte Konjunkturpaket aller Zeiten beschlossen, mit einem Volumen von 108 Billionen Yen (916 Milliarden Euro).
In Europa warten die Menschen derweil weiter auf eine Einigung über ein Hilfspaket. Der Streit über die gemeinsame Schuldenaufnahme über sogenannte Corona-Bonds ist zwar noch nicht gelöst, Beobachter sehen in den Bemühungen dennoch eine positive Wirkung: "Zusammen mit den enormen Anstrengungen der Notenbanken führt dies weltweit dazu, dass die staatlichen Hilfspakete etwa doppelt so hoch ausfallen als wir dies in der Finanzkrise vor etwa zehn Jahren gesehen haben", schrieb Holger Ullrich von der DekaBank. "Das Ergebnis ist eine Stabilisierung von Unternehmen und Haushalten in der einkommenslosen Zeit."
Am Ostermontag bleiben die Börsen an den wichtigsten Handelsplätzen in Europa zunächst geschlossen, wobei in Japan, China, Korea, Russland und den USA an dem Tag ganz normal gehandelt wird. In den Tagen darauf werden dann vor allem Daten aus der Konjunktur über Wohl und Wehe am Aktienmarkt entscheiden. Am Mittwoch wird sich etwa zeigen, wie stark die Industrieproduktion und der Einzelhandel in den USA bereits unter der Pandemie gelitten hat. Hier erwarten Experten für den Monat März vor allem im Industrie-Output ein dickes Minus, und zwar im Verarbeitenden Gewerbe, bei der Energieversorgung und im Bergbau.
Schwieriger ist dagegen die Lage im Einzelhandel einzuschätzen - denn nicht alle Unternehmen sind gleichsam stark von der Krise betroffen. Einige profitieren sogar von ihr, zum Beispiel der Lebensmittelhandel und Drogerien. Unter dem Strich dürfte aber auch hier ein deutlicher Einbruch zu verzeichnen sein, genauso wie im US-Bausektor, Aktuelle Zahlen zu Baubeginnen und -genehmigungen werden am Donnerstag veröffentlicht. Zum Ende der Woche dürften dann vor allem das chinesische Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal großes Interesse auf sich ziehen.
Unternehmensseitig werden am Donnerstag die Umsatzzahlen aus dem ersten Quartal des Online-Modehändlers Zalando erwartet. Um die Auswirkungen der Corona-Krise abzumildern plant das Unternehmen ein millionenschweres Sparprogramm. Zudem hieß es bereits Ende März, dass die Prognose für das laufende Jahr wohl nicht erreicht werde und dass das erste Quartal deutlich schlechter ausfallen werde als am Markt erwartet./kro/la/he
--- Von Karolin Rothbart, dpa-AFX ---
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