DJ MARKT-AUSBLICK/Kurzfristiges Korrekturrisiko nimmt zu
Von Manuel Priego-Thimmel
FRANKFURT (Dow Jones)--Der DAX kennt scheinbar kein Halten mehr. Trotz massiver Überkauftheit eilt er von Rekordhoch zu Rekordhoch. Zwar ist eine Korrektur an den Börsen jederzeit möglich, vieles spricht aber für grundsätzlich weiter steigende Notierungen. Die sich zuspitzende Corona-Krise drückt zwar auf die Wachstumszahlen, zugleich sprechen sie aber für eine anhaltend lockere Geldpolitik der Notenbanken.
Fast täglich markiert der DAX neue Rekordhochs. Weder die sich abschwächenden Wirtschaftsdaten, noch die massiven Preissteigerungen oder die wieder um sich greifende Corona-Pandemie haben daran etwas ändern können. Der DAX ist in der Zwischenzeit klar überkauft, eine Korrektur ist überfällig. Bislang ist sie aber ausgeblieben.
Woran liegt das? Der Hauptgrund dürfte in der Geldpolitik der Notenbanken liegen. Zwar wird die US-Notenbank bald damit beginnen, ihre Wertpapierkäufe zu reduzieren, und das PEPP-Kaufprogramm der EZB wird voraussichtlich im März auslaufen. Diese Maßnahmen sind aber kaum mehr als kosmetischer Natur, eine wirkliche Verschärfung der Geldpolitik ist bei den großen Zentralbanken nicht in Sicht.
Wirtschaft dürfte sich in den kommenden Monaten abschwächen
Durch die in der kommenden Woche anstehenden Wirtschaftsdaten wird sich die EZB vermutlich in ihrer vorsichtigen Haltung bestätigt fühlen. Die europäischen Einkaufsmanagerindizes dürften im November gefallen sein, genauso wie der ifo-Geschäftsklimaindex. Die rasant steigenden Infektionszahlen legen eine sich weiter abschwächende Wirtschaft nahe, was wiederum für eine anhaltend lockere Geldpolitik spricht.
Zwar liegt die Inflation auf dem höchsten Stand seit Dekaden. Damit kann die Börse aber zumindest bislang gut leben. Zum einen hat die jüngste Berichtssaison gezeigt, dass die Unternehmen den Preisdruck gut weiterreichen können. Zum anderen beharren die Zentralbanken weiter darauf, dass sich die hohe Inflation als temporär herausstellen wird.
Das sich beschleunigende Abwärtsmomentum im Euro spricht dafür, dass die Märkte zunehmend Zweifel daran haben, dass die an den Geldmärkten eingepreiste Zinserhöhung in der Eurozone im kommenden Jahr wirklich kommen wird. Damit scheint die Verbal-Offensive der EZB-Oberen, die immer wieder insistieren, dass der Markt die Zinserwartungen falsch einpreist, Erfolg zu haben.
Volatilitätsstrukturkurve mahnt zur Vorsicht
Ein schwächelnder Euro stützt die hiesigen Börsen natürlich zusätzlich. Sicherlich ist nicht auszuschließen, dass die Zentralbanken gegen ihren erklärten Willen zu einer schärferen Gangart gezwungen werden, sollte die Inflation nicht wie erwartet in den kommenden Monaten fallen. Das würde zweifelsohne eine größere Korrektur an den Börsen auslösen. Bislang handelt es sich aber nur um ein Szenario.
Eine kleinere Korrektur kann dagegen jederzeit erfolgen. QC Partners verweist auf die Warnsignale, die die Volatilitätsstrukturkurve aussendet. Sichtbar sei das an der Schiefe. Diese zeige den Volatilitätsaufschlag an, der für Optionen mit niedrigen Basispreisen gezahlt werden müsse. Solche Optionen werden typischerweise zu Absicherungszwecken eingesetzt.
Die Schiefe liegt in der Zwischenzeit nur noch knapp unter ihrem 11-Jahres-Hoch. "Ein Anstieg der Schiefe muss nicht gleich einen riesigen Crash prophezeien", heißt es bei QC Partners. Den schwachen September, in dem der DAX 575 Punkte verloren habe, habe die zuvor gestiegene Schiefe aber richtig vorhergesagt. "Dieses Alarmsignal sollte also Ernst genommen werden."
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November 19, 2021 05:28 ET (10:28 GMT)
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