
Fed-Chef Ben Bernanke sitzt in der Klemme. Er wird die Leitzinsen wohl weiter anheben müssen, obwohl die US-Wirtschaft einen merklichen Dämpfer erhalten könnte. Grund ist das Kaufverhalten, genauer gesagt das Wohnverhalten der Amerikaner. Gut zwei Drittel der US-Bürger leben in den eigenen vier Wänden, ein Drittel wohnt zur Miete. Die kalkulatorischen Mietkosten dieses Drittels summieren sich dabei auf 23,4 Prozent des US-Verbraucherpreisindex.
Nun sind in den USA die Hauspreise seit Mitte der 1990er Jahre um 110 Prozent gestiegen. So konnte dank der Beleihung der eigenen Immobilie weiter kräftig konsumiert werden. Das hat die Wirtschaft, die zu zwei Dritteln von der Konsumfreudigkeit der Amerikaner abhängt, gestützt. Die geschätzten kalkulatorischen Kosten von Eigenheimbesitzern haben hingegen nur um 40 Prozent angezogen. Ein Beispiel: Unterstellen wir, dass der Zins Mitte der 1990er im Schnitt bei acht Prozent lag und tendenziell mit den rückläufigen Kapitalmarktzinsen gesunken ist. Dann müssten die kalkulatorischen Kosten für selbst genutztes Wohneigentum, da die Zinsen inzwischen wieder bei rund 5 Prozent liegen, anziehen.
Das tun sie auch. Im letzten Halbjahr ging es mit einer Jahresrate von 3,7 Prozent oben. Ähnlich sieht es bei den Mieten aus. Und da auch die Stundenlöhne seit Mitte der 1990er Jahre nur um gut zwei Fünftel gestiegen sind, sind Häuser für viele US-Haushalte kaum mehr erschwinglich, womit die Nachfrage nach Mietwohnungen zunehmen dürfte.
Das bringt die US-Notenbank zunehmend unter Druck. Denn allein die - kalkulatorischen und tatsächlichen - Mietkosten könnten die Kerninflationsrate bis auf weiteres um einen halben, an den allerjüngsten Entwicklungen gemessen sogar um gut einen Prozentpunkt anheizen. Für sich genommen verlangt das höhere Leit- und Kapitalmarktzinsen.
Wie sich diese Diskussion auf die Aktienmärkte auswirkt, haben die vergangenen Tage eindrucksvoll gezeigt - es ging weltweit kräftig nach unten. Nicht ganz so heftig fielen die Reaktionen am Devisenmarkt aus. Hier sprechen höhere US-Zinsen streng genommen für den US-Dollar, das Problem der aufkeimenden Inflation aber klar dagegen. Da die Teuerung im Moment die größere Rolle an den Märkten spielt, ist davon auszugehen, dass der Euro in der Tendenz weiter an Wert gegenüber den US-Dollar gewinnen sollte.
Carsten Stern ibas AG FXdirekt
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AXC0051 2006-05-24/09:47