Zug - In der Vernehmlassung zu den beiden Bundesgesetzen über die Finanzdienstleistung (FIDLEG) sowie über die Finanzinstitute (FINIG) zuhanden des Eidgenössischen Finanzdepartements fordert CFA Switzerland einige wesentliche Retouchen. Die Standesorganisation der Finanzanalystinnen und Finanzanalysten beschränkt sich dabei auf Themenbereiche, die aus Sicht der Finanzanalyse und insbesondere der Investoren (sogenannte buy side) wichtig sind und orientiert sich am Standeskodex des CFA Institute, der für die CFA-Mitglieder verbindlich ist.
CFA Switzerland begrüsst ausdrücklich die Zielsetzung der Vorlagen, den Schutz der Anleger zu verbessern und auf ein international vergleichbares Niveau zu bringen. Eine Anpassung des Anlegerschutzes an die EU ist zwar für Schweizer Finanzdienstleister aufwändig, würde ihnen jedoch den Zugang zum EU-Markt öffnen und damit diese genügend entschädigen. Auch das zweite unmittelbare Ziel, die Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer unabhängig von ihrer Rechtsform, wird ausdrücklich unterstützt.
Selbstüberwachung genügt nicht
Verschiedene Vorfälle in der Schweiz haben jedoch gezeigt, dass die in der Selbstüberwachung und Selbstregulierung inhärenten Interessenskonflikte anlegerschädigendes Verhalten nicht verhindern kann. Entsprechend hat CFA Switzerland bereits in der Stellungnahme zum Gesetz über die Finanzmarktinfrastruktur (FinfraG) eine gewisse Skepsis gegenüber der Selbstregulierung geäussert. Die Standesorganisation verlangt deshalb, dass die Einhaltung der Verhaltensregeln in jedem Fall durch eine Aufsichtsbehörde überwacht wird, und dass das FIDLEG tatsächlich für alle Finanzprodukte zur Anwendung kommt, insbesondere auch für alle Versicherungsprodukte, deren Sparanteil von den Versicherungsunternehmen in Vermögenswerten angelegt wird, wie sie in Art. 3 VE-FINIG definiert werden.
In diesem Zusammenhang fordert CFA Switzerland zusätzliche pro-aktive Mechanismen, die darauf abzielen, Fehlverhalten früh genug erkennen und Massnahmen auslösen zu können, damit ein Schaden verhindert oder zumindest minimiert werden kann. Die in der Vorlage erweiterten Mittel der privaten Rechtsdurchsetzung zielen ausschliesslich darauf ab, Fehlverhalten ex-post zu rügen und sanktionieren. Zudem wird weiterhin darauf vertraut, dass die Aussicht auf Strafe genügend Anreiz für Wohlverhalten bietet. Gemäss CFA Switzerland hat das aktuelle Aufsichtsmodell aber kaum präventiven Charakter, und sollte deshalb durch pro-aktivere Mechanismen ergänzt werden.
Aufsicht als Anlaufstelle für Anleger
Der Berufsverband fordert keine grundsätzliche Abkehr von der primären Selbstverantwortung des Anlegers, sich pro-aktiv und regelmässig bei seinem Finanzdienstleister bzw. Emittenten seines Finanzproduktes zu informieren. Er regt indes an, dass die Aufsicht auch als Anlaufstelle für Anleger zur Verfügung steht, die in Wahrnehmung ihrer Selbstverantwortung sich pro-aktiv über Finanzinstitute informieren oder mögliches Fehlverhalten anzeigen möchten. CFA Switzerland würde es also begrüssen, wenn die Aufsicht im Kontakt mit den Endkunden eine aktivere Rolle spielen würde, die über das Führen einer Negativ-Liste hinausgehen und z.B. Auskunft über laufende Verfahren geben würde. Dies wäre im Einklang mit in anderen Jurisdiktionen (z.B. USA) genährten Erwartung, dass die Aufsicht eine staatliche Dienstleistungsstelle sei, die im Rahmen der eigenen Due Diligence genutzt werden kann.
Kommentare von CFA Switzerland zu einzelnen Artikeln des FIDLEG
FIDLEG auf Versicherungsprodukte ausweiten (Art. 3)
Im Sinne einheitlicher Wettbewerbsbedingungen erachtet es CFA Switzerland als zwingend, dass zusätzlich zu den Lebensversicherungen mit Rückkaufswert (Art. 3 lit. b, Ziff 6) weitere Versicherungsprodukte vom FIDLEG erfasst werden, da die Informationspflichten nach Art. 42 ff VAG, insbesondere im Bereich der Gebühren, deutlich geringer sind als diejenigen des VE-FIDLEG. Anleger werden mit Hybridprodukten konfrontiert, die in ihrem Kern eigentlich ein Finanzprodukt darstellen, wie es die Definition unter Art. 3 VE-FIDLEG erfassen würde. Aufgrund von gewährten Garantien werden diese jedoch als Versicherungsprodukte angesehen. Beispiele sind Fondssparpläne oder Vorsorgeguthabenauszahlungspläne mit Garantieleistungen durch die Versicherungen, die im wesentlichen das Kapital des Anlegers in Finanzinstrumente anlegen, die vom Versicherungsunternehmen oder ihr nahestehende Unternehmen emittiert wurden und laufend verwaltet werden. Deshalb sollten alle Versicherungsprodukte, die Spar- oder Kapitalverzehr-Komponenten beinhalten auch vom VE-FIDLEG erfasst werden. Auch Art. 60 Abs. 1 VE-FIDLEG wäre entsprechend auf solch Hybridprodukte anzuwenden.
Investmentspezialisten als professionelle Kunden (Art. 4 / 5)
Die vorgeschlagene Segmentierung gemäss Art. 4 ist materiell sinnvoll. Zur Vermeidung von Missverständnissen sollte allerdings der Ausdruck "institutionelle Kunden" durch den MiFID Begriff "geeignete Gegenparteien" ersetzt werden. Begrüsst wird zudem, dass Vorsorgeeinrichtungen ohne professionelle Tresorerie als Privatkunden gelten, aber die Möglichkeit haben, als professionelle Anleger eingestuft zu werden. Allerdings sollten sich nicht nur vermögende Privatkunden zu professionellen erklären können, sondern auch weitere fachlich qualifizierte Personenkreise (namentlich CFA-Mitglieder), ohne dass auf die entsprechende Grundlage in der Verordnung gewartet werden muss.
Informationspflicht auf Aufsichtsverfahren ausdehnen (Art. 7 - 9)
Finanzdienstleister sollen zusätzlich zu den stipulierten Informationspflichten gemäss Art. 7 Abs. 1 ihre prospektiven und Bestandes-Kunden über laufende bzw. neu eröffnete Aufsichtsverfahren orientieren müssen (siehe Grundsätzliche Ueberlegungen oben). Begrüsst wird insbesondere die neue Bezeichnung der Unabhängigkeit gemäss Art. 9, bezweifelt wird jedoch, dass eine "ausreichende Zahl auf dem Markt angebotener Finanzinstrumente" als Kriterium genügt.
Bestmögliche Ausführung bedingt bestmöglichen Preis (Art. 18)
Der bestmögliche Preis (unter Berücksichtigung von Abs. 2) ist das wichtigste Kriterium zur Beurteilung der "best execution". Erfahrungsgemäss führt die Einführung ...