Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Ruf, die Frankenstärke wird immer wieder als Grund für schwächere Ergebnisse, Stellenabbau und Verlagerungen ins Ausland angeführt. Welchen Anteil hat die Währung, welchen Anteil "normale" Bereinigungsprozesse und welchen Beitrag kann Euler Hermes leisten, damit sich die Währungsrisiken für Unternehmen weniger stark auswirken?
Stefan Ruf: Die Frankenstärke ist unbestritten eine Ursache der geschilderten Entwicklung und zwar die offensichtlichste. Es ist jedoch schwierig zu erheben, wie sich Währungs- und Struktureffekte genau aufteilen, da diese ja teilweise miteinander verknüpft sind. Gravierend trifft es diejenigen Branchen und Firmen, die sich ohnehin schon in einem Struktur- oder Technologiewandel befinden.
Euler Hermes kann Unternehmen bei ihren Entscheidungsprozessen unterstützen, wenn es um die Wahl der Absatzmärkte und Kunden geht. Wo sind Geschäfte riskant und wo bieten sich neue Wachstumschancen, wie entwickeln sich Länder- und Branchenrisiken oder auch geopolitische Risiken. Euler Hermes ist in über 50 Ländern mit Standorten vertreten und kann hierdurch weltweit die Risiken von Zahlungsausfällen, Insolvenzen und die konjunkturelle Entwicklung vor Ort einschätzen. Die Erschliessung von neuen Märkten ist bei Unternehmen übrigens eine der am häufigsten genannten Reaktionen auf die Frankenstärke.
Euler Hermes selbst hat in der Schweiz in den letzten 20 Jahren ein kontinuierliches Wachstum erlebt und ist heute die grösste Kreditversicherungs-Anbieterin. Welches Wachstum planen Sie in den kommenden Jahren, welches sind die bedeutendsten Entwicklungen, die den Erfolg des Unternehmens bestimmen sollen?
Wir nehmen unseren Kunden ihre Risiken ab, insbesondere ihre Bilanzrisiken. Wir lotsen sie sicher durch die derzeit weltweit steigenden Risiken. Damit können sie sich auf ihr Geschäft konzentrieren. Wir erleben gerade welche Volatilität in den Märkten steckt. Die Wachstumstreiber der letzten Jahre sind die Sorgenkinder von heute. Rohstoffpreise schwanken enorm. Die politischen Herausforderungen sind offensichtlich. Man könnte meinen, die Schweiz sei hiervon nur partiell betroffen, jedoch müssen Schweizer Unternehmen vermehrt global agieren und spüren die Auswirkungen immer stärker.
Es ist offensichtlich, dass sich die Nachfrage nach der Versicherung von Krediten und weiteren Absicherungsinstrumenten wie Kautionen und Garantien verstärkt hat - ein Trend der die nächsten Jahre anhalten wird. Daneben spielt vor allem die Erhebung, Verdichtung und Zurverfügungstellung von Informationen über Firmen eine zentrale Rolle. Für den Erfolg unseres Unternehmens ist daher die globale Analysefähigkeit zentral. Als Weltmarktführer verfügen wir über eine Datenbank mit Bonitätsdaten von rund 40 Millionen Unternehmen.
Die Digitalisierung führt geradezu Verwerfungen in fast allen Industrien. Wie beeinflusst die Digitalisierung das Geschäft von Euler Hermes, wo sehen Sie Chancen, wo Risiken?
Die Digitalisierung macht Leistungen und Preise transparenter. Das führt bei den Unternehmen in den jeweiligen Industrien zu steigendem Kostendruck und eliminiert Preisunterschiede. Die Folge ist einerseits ein Zwang zu weitergehender Automatisierung, andererseits ergeben sich auch neue Möglichkeiten, Daten zu erheben und auszuwerten.
War die Finanzanalyse bisher vor allem rückwärts gerichtet (Analyse der letzten Geschäftsabschlüsse) rückt mehr und mehr die Zukunftseinschätzung in den Vordergrund und damit auch das Verhalten der Kunden und Unternehmen. Der Preis wird allgemein nicht mehr das zentrale Unterscheidungsmerkmal sein, sondern die Intelligenz der Plattform, die den Kunden zur Verfügung gestellt werden kann. Für Euler Hermes, als datengesteuertes Unternehmen ergeben sich hier interessante Chancen.
Schweizer Unternehmen versuchen gerade, den sich neu öffnenden Markt im Iran in einer sehr frühen Phase zu nutzen. Wie beurteilen Sie die Chancen im Iran, wie gross sind kulturelle und politische Hindernisse?
Der Iran hat ein beträchtliches Potenzial für Handelsbeziehungen. Nach Einführung der Sanktionen ist China an Stelle der westlichen Handelspartner getreten. Iranische Firmen äussern sich immer dahingehend, dass Ihnen der Westen eigentlich näher liegt und gerade zur Schweiz hat in früheren Jahren eine sehr enge Beziehung bestanden - nicht zuletzt aufgrund des hohen Qualitätsbewusstseins der iranischen Bevölkerung.
Chancen des Iran sind das verhältnismässig hohe Ausbildungsniveau und die Ölvorräte. In Bezug auf das Risiko sieht man nach einem Blick auf die Landkarte und die Nachbarstaaten des Iran, dass sich dieser geopolitisch natürlich an einem der grossen Hot-Spots befindet. Dies wird sich auch in den nächsten Jahrzehnten kaum ändern. Zuviel Optimismus ist hier zumindest noch nicht angesagt.
In der neuesten Studie von Euler Hermes zur globalen wirtschaftlichen Entwicklung "Die sieben Zwerge des Wachstums" erwarten Sie für die kommenden zwei Jahre ein leicht verbessertes ...
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