Moneycab.com: Herr Lehmann, "Zum guten Heinrich" verwertet krummes oder zu grosses Obst und Gemüse, das im Supermarkt meist nicht in die Regale kommt, zu vegetarischen und veganen Catering-Menüs. Was können Sie uns zur Entstehungsgeschichte Ihres Startups erzählen?
Thomas Lehmann: Die "Zum guten Heinrich" zugrunde liegende Geschäftsidee hatten wir Gründer schon lange, seriös aufgegriffen wurde sie allerdings erst im Start-Up-Seminar der ETH Zürich im Frühjahrssemester 2014. Mit dem Gewinn des Social Impact Awards im Mai 2014 erhielten wir erstmals externes Funding und - vor allem in unserem Freundeskreis - viel Beachtung. Ab Oktober 2014 starteten meine beiden Mitgründer, Remo Bebié und Lukas Bühler, und ich Vollzeit an der Geschäftsidee weiterzuarbeiten.
Was stand dabei im Vordergrund?
Die Einarbeitung in die Food Waste Thematik, der Aufbau eines persönlichen Netzwerks in der Gastronomiebranche und erste Gespräche mit möglichen Kunden sowie Partnern und Lieferanten. Im selben Zeitraum konnte ein erstes Lastenfahrrad angeschafft werden, welches mit einem simplen, aber dem Zweck entsprechenden Aufbau, ausgestattet wurde. Mit Mirko Buri konnte Anfangs 2015 ein Produktionspartner gewonnen werden, welcher uns erlaubte, unsere Geschäftsidee zu prototypen ohne dafür massiv zu investieren. An der ETH Zürich konnte im Februar 2015 während 12 Tagen Mittagsmenüs direkt vom Food Bike verkauft werden. Dies erlaubte die Machbarkeit der Menüs im Glas zu testen, die Regenerationsabläufe sowie das Abfüllen selber auszuprobieren und erste, sehr wertvolle Kundenfeedbacks einzuholen.
Der Testverkauf an der ETH führte zu mehreren Catering-Anfragen aus unserem erweiterten Umfeld. Obwohl ein Catering-Angebot von uns Gründern anfänglich nicht vorgesehen war, führten wir im Frühling 2015 an verschiedensten Veranstaltungen Caterings durch. Währenddessen konnten wir mit einer ansprechenden Corporate Identity eine Brand aufbauen, mehrere Start-Up Wettbewerbe gewinnen, ein Crowdfunding durchführen und als Industrieprojekt eines Lehrstuhls für Industrial-Design einen zweiten, verbesserten Prototypen des Food-Bikes entwickeln. Weiter konnte mit Fabian Langensteiner ein weiterer Teilhaber an Bord geholt werden, der mit seiner Erfahrung und Netzwerk in der Gastronomie schnell zu einer wertvollen Ergänzung des Gründerteams wurde.
Wie ging es weiter?
Im Sommer 2015 starteten wir eine Kooperation mit dem Verein Greenabout, welcher als unseren lokalen Produktionspartner in Zürich angedacht war. An zwei Standorten in der Zürcher Innenstadt boten wir für ca. 3 Monate über Mittag unsere Menüs direkt vom Food-Bike an. Verschiedene Gründe führten dazu, dass die Zusammenarbeit mit Greenabout auf Ende Oktober beendet wurde. Die schlichte Unplanbarkeit der Anzahl verkauften Menüs und die tiefen Margen zwangen uns, den täglichen Verkauf via Food-Bike im November einzustellen. Glücklicherweise konnten wir dennoch ein äusserst hektisches aber trotzdem sehr erfolgreiches Catering-Weihnachtsgeschäft dank der Unterstützung von Mirkos Küche abwickeln.
Und dank der unermüdlichen Mitarbeit von vielen Personen konnte der Heinrich in seinem ersten Jahr verschiedenste Produkte (Delivery, Bier, Sirup, Food-Stand, Food Waste Events) einem realen Praxistest unterziehen. Im wahrsten Sinne überwältigt, aber auch total ausgelaugt, entschieden wir uns im Frühjahr 2016 keine neuen Aufträge anzunehmen, sondern uns einer Standortbestimmung zu widmen. Wir erledigten alles was wir so lange aufgeschoben hatten - beispielsweise Zivildienst, Erholung, Zeit mit den Liebsten - und tauchten im September wieder auf. Mit aufgeladenen Batterien, einer neuen, super lässigen Teilhaberin, der Lebensmittelwissenschaftlerin Verena Bongartz, nahmen wir das nächste Kapitel unserer Firmengeschichte in Angriff.
"Wir erschaffen nun die Grundlage für eine "Zum guten Heinrich GmbH", welche für die Umwelt, das Geschäftsmodell und alle Mitarbeiter zukunftsorientiert sein wird. Und dann wird die Food-Waste-Revolution so richtig gross."
Thomas Lehmann, Gründer & Geschäftsführer "Zum guten Heinrich"
Mit dem Fokus auf Catering?
Ja, seit September fokussieren wir uns nun auf die Produktelinie "Catering". Wir haben die Erfahrungen des ersten Jahres eingearbeitet und konnten viele interne und externe Prozesse wesentlich verbessern, die Kapazität ausweiten und unseren Kunden und deren Gästen ein noch besseres Catering-Erlebnis bieten. Die zweite Catering-Saison war wiederum ein grosser Erfolg mit unzähligen begeisterten Gästen und mehreren Tonnen "geretteten" Lebensmittel. Wir sind abermals an unsere Kapazitätsgrenzen gestossen, konnten uns nun aber definitiv als nachhaltigster Caterer der Schweiz etablieren. Über die ruhigeren Wintermonate müssen wir uns nun abermals zurückziehen, um die Kapazität weiter auszubauen: Wir erschaffen nun die Grundlage für eine "Zum guten Heinrich GmbH", welche für die Umwelt, das Geschäftsmodell und alle Mitarbeiter zukunftsorientiert sein wird. Und dann wird die Food-Waste-Revolution so richtig gross. Ich freue mich!
Von wo beziehen Sie das "nicht marktkonforme" Gemüse?
Unsere Supply-Chain ...
Den vollständigen Artikel lesen ...