Sie sind nun während 25 Jahren bei der Lenzlinger Söhne AG tätig, 16 Jahre davon als CEO. Was war in dieser Zeit die eindrücklichste Erfahrung?
Karin Lenzlinger: Ich glaube, das Eindrücklichste war, diese vielen engagierten Persönlichkeiten kennen zu lernen. Das sind an erster Stelle die Mitarbeitenden. Ich habe immer ganz spannende, manchmal aber auch schwierige persönliche Gespräche führen dürfen. Das gibt einem sehr viel, zehrt manchmal aber auch an den Kräften. Als Führungsperson muss man vorgeben, wo es durchgeht, und das passt nicht immer allen. Auch die Gespräche mit den Geschäftspartnern waren immer sehr spannend und bereichernd.
Wie haben Sie den übergang von der «Mitarbeitenden des Vaters» zum CEO empfunden?
Ich bin als Leiterin Doppelböden bei Lenzlinger eingestiegen. Ich hätte bei den anderen Profitcenters nicht einsteigen können, denn dort fehlte mir das technische Fachwissen. Im Bereich Doppelböden ging es eher um die Frage, wie man Prozesse optimieren und Neukunden akquirieren kann. Daher war der Schritt als ökonomin möglich. Aber klar: Die Vielfalt der Aufgaben stieg massiv an, was nicht zu unterschätzen war.
Fühlten Sie sich als Nachfolgerin Ihres Vaters frei genug, um neue Wege zu gehen?
Ich war immer ein bisschen zwischen zwei Stühlen: Soll ich es belassen, wie es ist oder es ganz kehren? Ein energieraubendes Thema war die Unternehmenskultur. Mein Vater hatte diese implizit geprägt. Ich wollte das ganz anders angehen, hatte ein anderes Kulturverständnis. Die Mitarbeitenden tragen zur Kultur bei, also sollen auch sie bestimmen, wie diese auszusehen hat.
Stellte diese Transition in der Unternehmenskultur die grösste Herausforderung dar?
Definitiv eine der grössten Herausforderungen, ja. Auf der einen Seite ist da das Verantwortungsgefühl, welches für ein so altes Familienunternehmen besonders stark ausgeprägt ist und einen dazu verleitet, eher zu vorsichtig im Umgang mit den bestehenden Strukturen zu sein. Auf der anderen Seite will man das Unternehmen vorantreiben. Man tendiert deshalb auch immer wieder dazu, sich zu viel auf den Tisch legen zu lassen. Ich hatte das Gefühl, ich müsse alles im Griff haben. Mit der Erfahrung hat sich das geändert. Mein Vater war da anders; er bestimmte bis zum Schluss sogar die Farbe der Ape´ro-Serviette (lacht).
Worauf sind Sie besonders stolz?
Ich bin stolz darauf, diesen Wechsel in der Kultur geschafft zu haben. Ein Gewerbeunternehmen ist angewiesen auf die Erfahrung seiner Leute. Da muss man aufpassen, dass man nicht alles auf den Kopf stellt und die Leute sauer macht, sodass diese dem Unternehmen davonlaufen. Sonst verliert man wahnsinnig viel Erfahrung.
Zu Anfang Ihrer beruflichen Karriere haben Sie als Primarlehrerin gearbeitet. Was hat Sie damals bewogen, diese doch ziemlich andere Richtung einzugschlagen?
Das war für mich immer nur eine Zwischenstation. Mir war wichtig, von meinen Eltern finanziell unabhängig zu sein. Ich schätzte und bewunderte meinen Vater, aber ...
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