Bei aller Freude über dieses anlegerfreundliche Umfeldlässt Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management inFrankfurt, aber auch mögliche Risiken nicht außer Acht: "Während sich dieEurozone erst in der mittleren Phase des Wirtschaftszyklus befindet, schließtsich in den spätzyklischen USA zunehmend die Produktionslücke, was zu einerÜberhitzung und zu einem Vordringen in den inflationären Bereich führen könnte.Auch wenn der Ölpreis seinen Aufwärtstrend weiter fortsetzt, könnte dieInflation ab dem zweiten Halbjahr zu einem Thema für Notenbanken und Märktewerden", erläutert der Stratege.
Insgesamt hat Tilmann Galler mit Blick auf 2018 achtThemen (Siehe Infografik) identifiziert, die für Anleger im neuen Jahr relevant sind:
1. Das Goldlöckchen-Szenario dürfte sich fortsetzenStabiles Wachstum und moderater Inflationsdruck sorgenfür ein konstruktives Anleger-umfeld, insbesondere für Aktien in Europa und denEmerging Markets. Diese Regionen profitieren durch den höheren operativenLeverage besonders stark von steigendem Nominalwachstum in der Weltwirtschaft.
2. Die Märkte beginnen, die Folgen einer verschärftenNotenbankpolitik zu spürenDie Normalisierung der Geldpolitik hat bereits begonnen.Spätestens in der zweiten Jahreshälfte sollte dies auch an den Märkten zuspüren sein. Der graduelle Rückzug der Zentralbanken aus den Kaufprogrammenwird sich insbesondere bei Staatsanleihen bemerkbar machen und für Volatilitätsorgen. Anleger sollten deshalb Durationsrisiken auch weiterhin im Blick haben.
3. Der Wechselkurs von Euro und Dollar steht vorvolatiler SeitwärtsbewegungDie starke Wachstumserholung in der Eurozone hat zu einemHöhenflug der Gemeinschaftswährung geführt. Doch sollten Anleger den US-Dollarnicht abschreiben. Die US-Steuerreform dürfte nicht nur der US-Ökonomie neuenSchub geben, sondern auch den Renditen der US-Treasuries. Der eher größer werdendeZinsvorsprung der USA dürfte in 2018 den Abwärtstrend des US-Dollars vorerststoppen.
4. US-Steuerreform wird temporären Aufschwung in den USAauslösenVor allem die Absetzbarkeit von Investitionen dürfte sichpositiv auswirken und dazu führen, dass die US-Wirtschaft - obwohl imKonjunkturzyklus bereits weit fortgeschritten - weiter in Schwung bleibt. NebenUnternehmen und deren zu erwartenden gesteigerten Investitionstätigkeitenentlastet die Steuerreform auch Privatpersonen, wodurch der Konsum einen zusätzlichenSchub erhält. Dies könnte in den kommenden zwei Jahren zusätzliche Impulse inHöhe von 80 Basispunkten bringen.
5. Konsum und Wirtschaftswachstum in der Eurozone vonaufgestauter Konsumnachfrage unterstütztDie ökonomische Heterogenität der Eurozone macht sich fürInvestoren bezahlt: Die Wirtschaftsgemeinschaft befindet sich in der Mitte desKonjunkturzyklus. Einzelhandelsumsätze und auch die Industrieproduktion zeigensich sehr robust. Der starke Euro könnte im Laufe des Jahres zwar zu einem gewissenMaße als Hemmschuh für die Wirtschaft wirken, doch schwächt die Währungsstärkeauch negative Effekte seitens des hohen Ölpreises ab. Die Investmentaussichtenfür Europa bleiben positiv. Die Region ist mit einem erwarteten Nominalwachstumin der Eurozone von rund 4 Prozent einer der Favoriten für das Jahr 2018.
6. Verschärfung chinesischer Geldpolitik führt zuVerlangsamung des Wachstums in ChinaChina hat im Kampf gegen die Kreditausweitung und für dieRegulierung von Schattenbanken Erfolge erzielt. Die schärfere Regulierungdürfte das Wachstum bremsen. Eine harte Landung droht in China allerdingsnicht, es ist vielmehr mit einer moderaten Beruhigung zu rechnen.
7. Globales Wachstum unterstützt Anlageklassen, die vonsteigenden Unternehmensgewinnen profitierenAuch wenn es wichtiger wird, wachsam zu sein: 2018 ist esnoch zu früh, sich defensiv zu positionieren. Aktien sollten auch 2018 eineaussichtsreiche Anlageklasse sein, allen voran Titel aus der Eurozone.Angesichts der zunehmenden Inflationstendenz und der wachsendenWechselkursrisiken könnten Titel, die besonders vom Binnenkonsum abhängen,stärker profitieren.
8. Ölpreis hat das Potenzial, die Inflation wiederanzufachenSteigt Öl weiter, dürften bei Notierungen zwischen 75 und80 Dollar je Barrel Inflationskräfte frei werden. Dies könnte Notenbanken dazubringen, einen härteren geldpolitischen Kurs einzuschlagen. Als Folge dessenkönnte das aus heutiger Sicht robuste globale Wachstum Schaden nehmen.
Auch wenn sowohl der Blick auf das erste Quartal als auchauf das Gesamtjahr positiv ausfällt, sind laut Galler auch die hohenBewertungen am Kapitalmarkt zu berücksichtigen. "Da viele positive Szenarienbereits eingepreist sind, müssen Anleger bei ihren Ertragserwartungenbescheidener werden", so der Kapitalmarktstratege. "Über das erste Quartalhinaus könnte es angesichts bestehender Risikofaktoren wie dem Ölpreis und auchder bereits eingeleiteten geldpolitischen Wende zu erhöhter Volatilitätkommen." Aber das größte Risiko bleibt zu früh defensiv in der Anlagepolitik zuwerden und dadurch die attraktiven Renditen, die auch ein Spätzyklus noch zubieten hat, zu verpassen.