Moneycab: Herr Ruf, die Liquiditätspositionen in Unternehmen, die nicht zum Finanzsektor gehören, haben im letzten Jahr eine Rekordsumme in Höhe von 7 Billionen USD erreicht. Was ist der Grund dafür und was braucht es, dass dieses Bargeld wieder in den produktiven Kreislauf fliesst?
Stefan Ruf: Einerseits haben die Firmen in den Zeiten der grossen Unsicherheit Reserven angelegt und gleichzeitig wurden Investitionen zurückbehalten. Das Wirtschaftswachstum hat nach der Finanzkrise dazu geführt, dass sich die Cashbestände zusätzlich erhöht haben.
Die grössten Bargeldreserven werden aktuell im Technologiesektor angehäuft. Ein Ausdruck von zu hohen Gewinnen oder fehlenden Übernahme- und Investitionsmöglichkeiten?
Dieser Rekordbetrag spiegelt die Herausforderungen wider, denen sich die gesamte Branche gegenübersieht: Die harte Konkurrenz und die Notwendigkeit für dauerhafte Innovationen und damit enorme Investitionen in Forschung und Entwicklung. Aber auch der Druck der Aktionäre für mehr Dividenden und Aktienrückkäufe sowie das Aufspüren von rentablen Investitionsmöglichkeiten führten zu den überdurchschnittlichen Geldreserven in dieser Branche.
Die aktuell anlaufende Digitalisierung und Automatisierung fordert alle Industrien. Welche sind aktuell am besten aufgestellt, von den Entwicklungen zu profitieren, welche sind den grössten Gefahren ausgesetzt?
Wenn wir die Auswirkungen auf die Cashbestände als Kriterium nehmen, sind Transport, Telecom, Haushaltsgeräte und Maschinen & Ausrüstungen den grössten Gefahren ausgesetzt, bedingt durch tiefere Auftragsbestände. Auch bei den Unternehmen im Energie-, Metall-, und Agrifood-Bereich lässt sich eine sinkende Rentabilität in den letzten zwei Jahren feststellen.
Bei den weltweiten Insolvenzen ist im ersten Quartal 2017 ein Anstieg bei den Grossunternehmen (Umsatz über 50 Millionen EUR) zu verzeichnen. Was sind die Gründe und Auswirkungen dieses Anstiegs?
Es zeigt sich, dass die grossen Firmen eher mehr Mühe haben um in der sicheren Zone zu bleiben, weil die Anpassungsprozesse träge sind und mehr Zeit brauchen. Die meisten Grosskonkurse betreffen Retail und Services. In diesen Branchen ist die Geschwindigkeit in der Digitalisierung und in der Einführung von neuen Geschäftsmodellen sehr hoch.
In Europa blickt man gespannt auf die Entwicklung Grossbritannien nach der Entscheidung für den Brexit. Entgegen vieler Untergangsszenarien scheint es der Wirtschaft prächtig zu gehen mit erwarteten zwei Prozent Wachstum für ...
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