Moneycab.com: Herr Scognamiglio, die Berichte über immer mehr leerstehende Mietwohnungen, vor allem in der Peripherie, mehren sich. Im nationalen Schnitt beträgt die Leerwohnungsquote rund 2%. Für wie ernst schätzen Sie die Situation ein?
Donato Scognamiglio: 2018 werden Immobilieninvestoren weiterhin mit Absatzschwierigkeiten rechnen müssen. Die entstehenden Leerstände werden weiterhin Druck auf die Mietpreise ausüben. Die vom Bundesamt für Statistik gezählten rund 64'900 leerstehenden Wohnungen dürften sich nächstes Jahr erhöhen, denn die Tendenz, in der Peripherie zu bauen, lässt sich erst stoppen, wenn die momentan im Bau befindlichen Wohnungen auf den Markt gekommen sind. Zwar gibt es noch keine Geistersiedlungen oder Geisterstädte in der Schweiz; doch die Zeiten sind wohl definitiv vorbei, wo die Wohnungen wie warme Semmeln weggingen, während die Arbeiter erst die Baugrube ausgehoben hatten.
Wo ist das Leerstands-Risiko im Moment am höchsten?
Wo die Ladenhüter von morgen stehen könnten, zeigt ein Leerstands-Risiko-Indikator, den IAZI auf Gemeindeebene berechnet hat. Die Kennzahl kombiniert die publizierten Baubewilligungen mit den existierenden Leerständen in einer Gemeinde. Besonders hohe Werte weisen die Waadt sowie die Kantone Bern und Aargau aus. Dort im Besonderen, wo eine schwächelnde Nachfrage auf eine rege Bautätigkeit trifft. Berücksichtigt wurden Ortschaften mit einem Minimum von 5000 Einwohnern. Der Jura-Hauptort Délémont und Buchs (im Aargau) weisen mit derselben Kennzahl 11 hohe Werte aus. Im Vergleich dazu liegt der Indikator bei Zürich bei 0.05.
"Zwar gibt es noch keine Geistersiedlungen oder Geisterstädte in der Schweiz; doch die Zeiten sind wohl definitiv vorbei, wo die Wohnungen wie warme Semmeln weggingen, während die Arbeiter erst die Baugrube ausgehoben hatten."
Donato Scognamiglio, CEO IAZI
Ist die Entwicklung einzig auf Investoren zurückzuführen, die mangels Alternativen trotzdem weiter investieren, obwohl sie wissen, dass die Leerstände auf die Bewertungen drücken werden?
Der Effekt von zunehmenden Leerständen und sinkenden Werten hatte bisher vor allem bei Büro- und Gewerbeobjekten sowie bei Retail-Flächen drastische Auswirkungen. Was die Renditeliegenschaften anbelangt, haben wir festgestellt dass mangels Alternativen viele Investoren in das Betongold investierten, weil sich dort noch Renditen im Rahmen von 3 bis 5 Prozent erreichen lassen. Zudem liegt die nationale Leerstandziffer von rund 2 % noch in einem vernünftigen Rahmen. Es ist auch nicht so, dass die Vermieter auf ihren Wohnungen sitzen bleiben. Es dauert jetzt einfach länger, bis die Wohnungen Interessenten finden, was sich auch in einer längeren Insertionsdauer wiederspiegelt. Mietzinssenkungen oder sogar eine oder mehrere Gratismieten sind bei Neubauten kein Sonderfall mehr. Dies führt letztlich dazu, dass auch die Mieten älterer Wohnungen unter Druck kommen, wenn der Wettbewerb spielt.
Was raten Sie institutionellen Investoren wie Pensionskassen? Haben sie überhaupt Alternativen?
Für die Gremien der Pensionskassen ist es momentan entscheidend, sich mehr mit der Problematik und den Eigenheiten des Immobilienmarktes auseinanderzusetzen, denn im Vergleich zu Obligationen oder anderen Finanztiteln sind Immobilien keine standardisierte Anlagen. Die Analyse von potentiellen Kaufobjekten muss heute sehr sorgfältig vorgenommen werden. Aus meiner Sicht scheint es momentan sinnvoller, Investitionen im bestehenden Immobilienmarkt zu tätigen, als alte Objekte ...
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