Basel - Zum 200. Geburtstag von Jacob Burckhardt (1818-1897) gibt es in Basel eine Reihe von wissenschaftlichen und kulturellen Veranstaltungen - auch für ein breites Publikum. Welche Bedeutung und Aktualität der bekannte Kulturhistoriker heute noch hat, lautet das Thema. Der Historiker und Mitorganisator Prof. Dr. Lucas Burkart vom Departement Geschichte der Universität Basel gibt Auskunft.
Herr Burkart, Jacob Burckhardt wurde vor 200 Jahren in Basel geboren - welche Bedeutung hatte er für die Stadt und die Universität?
Lucas Burkart: An der Universität war Burckhardt zunächst Professor für Geschichte, dann auch für Kunstgeschichte, und zwar als erster Lehrstuhlinhaber: Er war es, der diese Disziplin in Basel überhaupt begründete. Darüber hinaus gilt er für die Anfänge der Kulturgeschichte weltweit als eine bedeutende und prägende Figur. Sein Werk wurde bis heute in vielen Fächern sehr produktiv rezipiert, in Europa, aber auch darüber hinaus.
Welches sind für Sie seine wichtigsten Werke?
Etwa zehn Jahre nach seiner Berufung stellte Burckhardt seine Publikationstätigkeit quasi ein. Er widmete sich vornehmlich der Lehre und konzentrierte sich auf seine Vorlesungen, die er über Jahre weiter ausarbeitete und bis ins hohe Alter hielt. Sein Werk beeindruckt durch die universalhistorische Breite, die von der Griechischen Kulturgeschichte bis ins Revolutionszeitalter reicht. Zu Lebzeiten waren es hauptsächlich drei Veröffentlichungen, für die er bekannt, ja berühmt war: der «Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens» (1855), der noch stark in der Tradition der Kulturreisen steht; 1860 kam sein bis heute bekanntestes und nachhaltigstes Werk heraus, «Die Kultur der Renaissance in Italien»; und 1905 gab sein Neffe Jakob Oeri aus dem Nachlass die sogenannten «Weltgeschichtlichen Betrachtungen» heraus: keine Geschichtstheorie, sondern eher Überlegungen zum Umgang mit der Historie und zu deren Bedeutung für die Gegenwart.
«Von Burckhardt selbst stammt die Aussage, dass Urteile 'die Todtfeinde der wahren geschichtlichen Erkenntnis" seien.»
Lucas Burkart, Historiker.
Dieses Buch wollte er aber eigentlich gar nicht publizieren?
Burckhardt wollte jeweils selber bestimmen, was von ihm veröffentlicht werden soll und was nicht. Dies betrifft auch seine Korrespondenz: So zerstörte er zum Beispiel sämtliche Briefe, die an ihn gerichtet waren. Erhalten sind dafür seine eigenen Briefe, die inzwischen in zehn Bänden publiziert wurden - da zeigt er sich auch als kritischer Kommentator und ironischer Spötter. Dabei vergriff er sich manchmal auch in Urteil und Ton, etwa in antijüdischen Äusserungen. Daraus jedoch abzuleiten, Burckhardt sei ein Wegbereiter des Antisemitismus im ...
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