
Zwar äußerte Schüssel Hoffnungen, in den Beratungen voran zu kommen. "Ich befürchte allerdings, dass der Terror in London den Briten jetzt Zeit und Energie kostet", sagte er in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins. Österreich übernimmt zum 1. Januar 2006 turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft. EU-Diplomaten gingen bislang davon aus, dass erst dann eine Einigung auf gelingen dürfte.
Nach Meinung von Schüssel dürfte der Kompromiss kaum vom Vorschlag des luxemburgischen Premierministers Jean-Claude Juncker abweichen, das Budget auf 1,056% des Bruttonationaleinkommens zu begrenzen. Dies wären für den Siebenjahreszeitraum 870 Mrd EUR. "Am Ende der Verhandlungen wird nicht viel anderes herauskommen", sagte der österreichische Kanzler.
Bei dem Streit geht es mittlerweile weniger um die Höhe, als vielmehr um die Verwendung der Gelder. Großbritannien kritisiert, dass die EU erheblich mehr Geld in Agrarsubventionen investiere als in Wissenschaft und Technik. Der britische Premierminister Tony Blair lehnte deshalb beim EU-Gipfel Ende Juni den Haushaltsplan ab. Bei seinem Amtsantritt als EU-Ratspräsident am 1. Juli sagte Blair, es sei möglich, sich beim EU-Gipfel Mitte Dezember auf die Finanzplanung zu einigen.
In dem Interview mahnte Schüssel außerdem eine grundsätzliche Überprüfung europäischer Gesetze an. "Es kann nicht angehen, dass die EU-Kommission festlegt, wie teuer die Maut am Brenner sein darf, welche Studenten wir aufnehmen oder ob sich finnische Häuslebauer Teer aufs Dach legen dürfen oder nicht". Die EU-Staaten müssten alle EU-Verordnungen "durchforsten", ob sie wirklich notwendig seien. "Überzogene Vorschriften müssen weg. Anders wird Europa gar nicht überleben können", warnte er.
EU-Industriekommissar Günter Verheugen hat bereits angekündigt, die Hälfte der noch nicht verabschiedeten EU-Gesetzesvorhaben zur Vereinfachung der Rechtsetzung zurückziehen. Außerdem überprüfe die Kommission das bestehende Gesetzeswerk auf Vereinfachungen und Kürzungen. -Von Dirk Müller-Thederan, Dow Jones Newswires; +32 2 741 14 93, europa.de@dowjones.com
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