In den erbitterten Streit um die Schließung des Nürnberger AEG-Hausgerätewerks ist wieder Bewegung gekommen. Der schwedische Mutterkonzern Electrolux hat sich nach Angaben der bayerischen Staatskanzlei in München zu neuen Verhandlungen bereit erklärt. Darauf hätten sich Electrolux-Chef Hans Stråberg und die IG Metall bei einem Spitzengespräch unter Vermittlung von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) am Sonntag geeinigt, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei der dpa am Abend. Die Verhandlungen sollten "sobald als möglich in dieser Woche" geführt werden. Electrolux werde dazu ein Angebot vorlegen.
Offen blieb zunächst, worin ein neues Electrolux
DEUTLICH AN HÄRTE GEWONNEN
Eine Woche nach dem Beginn des Streiks bei AEG in Nürnberg hatte der Arbeitskampf deutlich an Härte gewonnen. Electrolux hatte die Ausweitung des unbefristeten Ausstands auf die Logistiksparte am Freitag mit der Drohung beantwortet, die Produktion beschleunigt ins Ausland zu verlagern. "Die Ausweitung des Konfliktes nutzt nur Unternehmen aus der Türkei, China und Südkorea und beschleunigt in der Konsequenz die Verlagerung von Jobs aus Westeuropa", so Pressechef Anders Edholm in Stockholm.
Am Freitag waren auch rund 90 Beschäftigte der ausgegliederten Logistiksparte in Nürnberg in Streik getreten. Damit wollten sie die Rückkehr in die Tarifbindung der Metall- und Elektroindustrie erzwingen. Ein ähnliches Vorgehen stand für diese Woche bei der Sparte Ersatzteile bevor.
Unterdessen haben sich am Wochenende auch die Spitzen der IG Metall und der Metall-Arbeitgeber zu Wort gemeldet. IG Metall-Chef Jürgen Peters forderte eine Verlagerungsabgabe für Unternehmen. Gesamtmetall-Chef Martin Kannegiesser warnte vor einer Eskalation des Arbeitskampfes.
Die Beschäftigten selbst demonstrierten am Samstag am Franken- Stadion vor dem Spiel des 1. FC Nürnberg gegen den Hamburger SV ihre Kampfbereitschaft für den Erhalt der 1750 Arbeitsplätze.
WEITERE ESKALATION NÜTZT NIEMANDEM
Gewerkschafts-Chef Peters forderte unter anderem, Verlagerungen von Unternehmen, die aus reinen Profitgründen erfolgen, wie Veräußerungsgewinne zu besteuern. Schließlich nähmen Unternehmen wie AEG Know-How und Entwicklungen aus Deutschland mit und verkauften sie an einem anderen Standort bei niedrigeren Kosten. Mit Hilfe einer Verlagerungsabgabe sollten die sozialen Folgen für die Betroffenen abgemildert und neue Beschäftigungsmöglichkeiten für die entlassenen Arbeitnehmer finanziert werden.
Gesamtmetall-Präsident Kannegiesser warf den Gewerkschaften dagegen vor, sie betrieben ein gefährliches Spiel. Der Streik führe ausländischen Investoren vor Augen, "wie schwierig es ist, unternehmerische Entscheidungen am Standort Deutschland umzusetzen", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Samstagsausgabe). Eine weitere Eskalation nütze niemandem. Nach dem Scheitern von Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag wird das AEG-Werk in Nürnberg seit dem 20. Januar bestreikt.
Peters sagte, es sei völlig legitim, dass sich die Beschäftigten gegen die vom schwedischen Electrolux-Konzern beschlossene Schließung des AEG-Stammwerks wehren. Eine Prognose über die Dauer des Arbeitskampfes wollte er nicht abgeben. Er hoffe aber, dass das Electrolux-Management "sehr schnell wieder auf die Beschäftigten zugehen und Beiträge zu vernünftigen Lösungen leisten" werde./sd/bg/DP/mw
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AXC0043 2006-01-29/20:11