Offener Club
Russland ist weder eine lupenreine Demokratie noch eine lupenreine Marktwirtschaft, gemessen an der Pro-Kopf-Wirtschaftskraft nicht mal ein besonders gewichtiges Land. Was also hat Russland in der Gruppe der führenden Industriestaaten verloren? Eine Menge, und deshalb hat sich die deutsche Regierung beim Wochenend-Treffen in Moskau mit gutem Grund dafür eingesetzt, Russland in den Club aufzunehmen. Schon bisher ist das Land gleichsam assoziiert, dafür wurde der Begriff G8 geprägt. Die Russen mit ihrem ausgeprägten nationalen Geltungsbedürfnis aber streben nach mehr: Sie wollen gleichwertiges Vollmitglied sein. Dagegen spricht wenig: Die G7-Staaten haben ein gemeinsames Forum gebildet, damit sich die wichtigsten globalen Wirtschaftsplayer, von denen das Wohl und Wehe der Weltwirtschaft abhängt, regelmäßig austauschen und koordinieren. Russland ist ein solcher globaler Player, allein wegen seiner Stellung als Energielieferant, aber auch wegen der geopolitischen Bedeutung des Riesenreiches. Es sollte deswegen eingebunden sein, wenn zwischen Finanzministern, Staatschefs und Notenbankern über die wichtigsten wirtschaftspolitischen Fragen diskutiert wird. Das gleiche Argument gilt in noch stärkerem Maße für die aufstrebende Wirtschaftsmacht des 21. Jahrhunderts: China. Nahezu jede globale Wirtschaftsfrage hat inzwischen mit China zu tun, sei es im Zusammenhang mit Währung, sei es Handel - jeder Beschluss, der ohne Peking getroffen wird, ist nur begrenzt wirksam und sinnvoll. Wenn man schon mal dabei ist: Auch Indien und Brasilien sind für die Weltwirtschaft längst wichtiger als beispielsweise Italien. Wenn der Club nicht zum Kamintreffen der alten Welt werden will, müssen neue Mitglieder kommen und alte auch mal gehen.
Kontakt: Kommentar@ftd.de
Ines Zöttl - 030/22074169
Horst von Buttlar - 040/31990236
Leo Klimm - 040/31990311
Dies ist eine Pressestimme der Financial Times Deutschland. Für Text und Inhalt ist ausschließlich die Financial Times Deutschland verantwortlich. Die geäußerten Ansichten reflektieren auch nicht die Ansichten von Dow Jones Newswires oder der Dow Jones and Company Inc.