(Korrigiert wurde im zweiten Absatz, vierte Zeile 2006 bis 2009 (statt 2009 bis 2009))
BERLIN (dpa-AFX) - Eine Herauslösung der Schienennetzsparte hätte für den Bahnkonzern einem Pressebericht zufolge nach Experten-Meinung deutlich geringere finanzielle Nachteile als vom Vorstand angegeben. Zu diesem Ergebnis kommen nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Samstagausgabe) die Autoren des Bundestags-Gutachtens zu den Folgen des geplanten Börsengangs. Das Papier war dem Verkehrsausschuss der Bundestages mit geschwärzten Passagen vorgelegt worden. Vergangene Woche kam es zum Eklat, als den Abgeordneten der Wortlaut einer solchen Passage über mögliche Streckenstilllegungen anonym zugespielt worden war. Parlamentarier warfen der Bahn vor, sie an der Nase herum führen zu wollen.
Die "Süddeutsche Zeitung" zitierte aus dem Gutachten-Kapitel "Trennungseffekte", das dem Blatt ungeschwärzt vorlag. Darin heiße es, die Synergieverluste und Trennungskosten würden nur 50 Prozent der von der DB genannten knapp fünf Milliarden Euro für den Zeitraum 2006 bis 2009 betragen. Diese beiden Zahlen seien in der dem Bundestag übergebenen Fassung unkenntlich gemacht worden. Auch die möglichen Trennungskosten beim Personal würden in der Expertise nur mit 915 Millionen Euro angesetzt, das seien lediglich 40 Prozent der von der DB angesetzten Summe.
BAHN: IM GUTACHTEN ZU VIEL GESCHWÄRZT
"Das halten wir für völlig unproblematisch", sagte Konzern-Sprecher Werner Klingberg der dpa in Berlin. "Unsere Leute haben das höher eingeschätzt." Trotz der niedrigeren Zahlen stütze das Gutachten die Meinung der Bahn, dass eine Abtrennung des Netzbetriebs weder den Wettbewerb stärken noch Kosten sparen würde. Im Fazit des Gutachtens gebe es ein "Kopf-an-Kopf-Rennen" der vier verschiedenen Privatisierungsmodelle.
Die Bahn hat nach Klingbergs Angaben nicht dafür gesorgt, dass die Passagen geschwärzt wurden. Sie habe lediglich darum gebeten, für die Finanzplanung wichtige Daten zu schützen. "Wir sind der Meinung, dass an einzelnen Stellen auch zu viel geschwärzt wurde", sagte Klingberg. Daher habe Bahnchef Hartmut Mehdorn dem Bundesverkehrsministerium am vergangenen Donnerstag angeboten, wichtige Aussagen des Gutachtens freizugeben.
BAHNGEWERKSCHAFTEN GEGEN BÖRSENGANG
Unterdessen schlagen die Bahngewerkschaften Transnet und GDBA vor, ganz auf einen Börsengang zu verzichten, um eine Zerschlagung des Konzerns zu vermeiden. Die DB solle im Zweifel in Staatsbesitz bleiben. Im Streit um die Schwärzungen hatte Transnet-Chef Norbert Hansen vor allem Politikern von CDU, Grünen und FDP Populismus vorgeworfen. Er will sich nun mit den Spitzen dieser Parteien zu einem klärenden Gespräch treffen. Ziel sei es, "von einer ideologisch behafteten Debatte wegzukommen", sagte Hansen dem Berliner "Tagesspiegel" (Sonntag).
Die Bundesregierung will ihre Zuschüsse für den Nahverkehr der Bahn dieses Jahr nun doch nicht wie geplant um 400 Millionen Euro kürzen. "Wir werden die Regionalisierungsmittel kürzen, doch in diesem Jahr nur um 100 Millionen Euro. In den nächsten Jahren wird mehr gestrichen - wie im Koalitionsvertrag vereinbart", sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) der "Bild am Sonntag"./ak/DP/he
AXC0041 2006-02-19/19:04