Katastrophenbehörden
Hochmut kommt vor dem Fall. Als das Vogelgrippevirus im Sommer in Südostasien wütete, erhielten die dortigen Behörden viele gute Ratschläge von europäischen Seuchenexperten. Als der Erreger zu Jahresbeginn plötzlich in der Türkei, vor Europas Haustür, festgestellt wurde und dort erste Todesopfer forderte, waren die deutschen Politiker zahlreich, die das Vorgehen der türkischen Regierung als desaströs kritisierten.
Das alles und die lange Vorbereitungszeit, die die Behörden hatten, ließ erwarten, dass Deutschland souverän reagieren würde, wenn das H5N1-Virus bei uns ankäme. Das Gegenteil ist der Fall. Weil der Erreger hier zu Lande bisher erst wenige Tierleben gefordert hat, erscheint das Krisenmanagement der Behörden fast schon katastrophaler als die Ausbreitung des Erregers selbst. Nicht nur, dass Schaulustige tagelang an die Fundstellen der toten Vögel auf der Insel Rügen herankommen konnten und so vielleicht zur Verbreitung des Virus beigetragen haben. Vor allem sind die Weisungsbefugnisse zwischen Bundes-, Landes- und Kreisebene offenbar nicht klar. Wie sonst konnte die Kreisbehörde sich der Forderung so lange widersetzen, den Katastrophenzustand auszurufen?
Was die Verantwortlichen zunächst versäumt haben, holen sie nun mit umso größerem Eifer nach: Auf mecklenburgischen Höfen wird Geflügel gekeult, die Bundeswehr rückt an, die Kanzlerin nimmt an der Sitzung des örtlichen Krisenstabs teil. Allerdings ist das Versagen der lokalen Behörden in diesem ersten Fall noch kein Beleg dafür, dass die Vogelgrippebekämpfung in Berlin zentralisiert werden muss. Sie ist nur Beleg dafür, dass die Generalprobe misslungen ist. Andere Bundesländer und Kreise werden, so steht nach der Ausbreitung des Virus auf das Festland zu befürchten, in den nächsten Wochen noch beweisen müssen, dass sie es besser können.
Kontakt: Kommentar@ftd.de
Ines Zöttl - 030/22074169
Horst von Buttlar - 040/31990236
Leo Klimm - 040/31990311
Dies ist eine Pressestimme der Financial Times Deutschland. Für Text und Inhalt ist ausschließlich die Financial Times Deutschland verantwortlich. Die geäußerten Ansichten reflektieren auch nicht die Ansichten von Dow Jones Newswires oder der Dow Jones and Company Inc.
Hochmut kommt vor dem Fall. Als das Vogelgrippevirus im Sommer in Südostasien wütete, erhielten die dortigen Behörden viele gute Ratschläge von europäischen Seuchenexperten. Als der Erreger zu Jahresbeginn plötzlich in der Türkei, vor Europas Haustür, festgestellt wurde und dort erste Todesopfer forderte, waren die deutschen Politiker zahlreich, die das Vorgehen der türkischen Regierung als desaströs kritisierten.
Das alles und die lange Vorbereitungszeit, die die Behörden hatten, ließ erwarten, dass Deutschland souverän reagieren würde, wenn das H5N1-Virus bei uns ankäme. Das Gegenteil ist der Fall. Weil der Erreger hier zu Lande bisher erst wenige Tierleben gefordert hat, erscheint das Krisenmanagement der Behörden fast schon katastrophaler als die Ausbreitung des Erregers selbst. Nicht nur, dass Schaulustige tagelang an die Fundstellen der toten Vögel auf der Insel Rügen herankommen konnten und so vielleicht zur Verbreitung des Virus beigetragen haben. Vor allem sind die Weisungsbefugnisse zwischen Bundes-, Landes- und Kreisebene offenbar nicht klar. Wie sonst konnte die Kreisbehörde sich der Forderung so lange widersetzen, den Katastrophenzustand auszurufen?
Was die Verantwortlichen zunächst versäumt haben, holen sie nun mit umso größerem Eifer nach: Auf mecklenburgischen Höfen wird Geflügel gekeult, die Bundeswehr rückt an, die Kanzlerin nimmt an der Sitzung des örtlichen Krisenstabs teil. Allerdings ist das Versagen der lokalen Behörden in diesem ersten Fall noch kein Beleg dafür, dass die Vogelgrippebekämpfung in Berlin zentralisiert werden muss. Sie ist nur Beleg dafür, dass die Generalprobe misslungen ist. Andere Bundesländer und Kreise werden, so steht nach der Ausbreitung des Virus auf das Festland zu befürchten, in den nächsten Wochen noch beweisen müssen, dass sie es besser können.
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