(Zusammenfassung)
FRANKFURT (Dow Jones)--Zusammen mit dem erwartet starken Jahresabschluss 2005 hat die Deutsche Börse AG am Dienstagabend überraschend auch einen offenen Bewerbungsbrief für eine Fusion mit der Pariser Vierländer-Börse Euronext vorgelegt. "Unter einer Vielzahl relevanter Optionen ist ein Zusammenschluss von Deutscher Börse und Euronext die mit Abstand attraktivste Variante für Kunden und Aktionäre sowie die beteiligten Finanzplätze", hofierte Deutsche-Börse-CEO Reto Francioni seine Wunschpartnerin. Die Deutsche Börse befürworte unverändert den Dialog mit der Euronext.
In dieser Bewerbung hat die Deutsche Börse die Eckpfeiler eines Konzeptes für eine Fusion mit der Pariser Vierländerbörse konkretisiert. Die Leitung der Geschäftsbereiche einer kombinierten Gruppe solle so auf die bestehenden Standorte von Deutscher Börse und Euronext verteilt werden, dass es im Rahmen eines europäischen Standortkonzepts zu einem fairen Ausgleich zwischen den beteiligten Finanzzentren komme. Die jeweiligen Kassamärkte sollen dabei von nationalen Trägergesellschaften betrieben werden.
Zentrale der fusionierten Börse soll in Frankfurt sein
Die Zentralfunktionen der Gruppe will die Deutsche Börse allerdings an einem Standort konzentrieren - in Frankfurt. "Das europäische Standortkonzept sieht Frankfurt unter anderem als Standort für eine solche Hauptverwaltung vor", heißt es in der Mitteilung der Deutschen Börse. Vergangenen Dezember waren die Fusionsgespräche mit der Euronext dem Vernehmen nach unter anderem an der Frage des Standortes gescheitert. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Börse, Kurt Viermetz, hatte allerdings bereits im Januar deutlich gemacht, dass er die Gespräche lediglich als unterbrochen betrachtet - und nicht als beendet.
Eine Abspaltung der hochprofitablen Settlement- und Custody-Sparte Clearstream lehnen die Frankfurter allerdings weiter ab. "Die Deutsche Börse will die Konsolidierung grundsätzlich pragmatisch angehen, ohne wesentliche Bestandteile des Geschäftsportfolios aufzugeben", liest sich diese Aussage im Wortlaut der Börse. Das integrierte Geschäftsmodell habe wesentlichen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg der Gruppe in den letzten Jahren.
Die Silostruktur genannte Verzahnung von Handels- und Nachhandelsfunktionen solle allerdings auf Deutschland beschränkt bleiben. Bei diesen Nachhandelsfunktionen erwarten Branchenbeobachter erhebliche Bedenken der europäischen Wettbewerbsaufseher, falls die beiden Börsen fusionieren.
Als entscheidenden Baustein bei einem Zusammenschluss mit Euronext sieht die Deutsche Börse eine gemeinsame Informationstechnologie. Diese Integration müsse eine "unmittelbare Aufgabe des Managements der neuen Gesellschaft sein", so die Frankfurter Marktplatzbetreiber.
Jahresergebnis von Kapitalmarktboom beflügelt
Als Referenz in diesem Bewerbungsbrief dient das Jahresergebnis der Deutsche Börse AG für 2005. Der Aufschwung am Aktienmarkt mit hohen Handelsumsätzen hat dem Unternehmen einen kräftigen Umsatz- und Ergebnissprung beschert. Der Nettogewinn kletterte um knapp zwei Drittel auf 427,4 (Vj 266,1) Mio EUR. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Goodwill-Abschreibungen (EBITA) lag mit 710,9 (Vj 527,6) Mio EUR deutlich über dem Zielwert. Ursprünglich hatte die Börse für 2005 lediglich ein EBITA von 600 Mio EUR angepeilt. Nach dem starken ersten Halbjahr, in dem bereits ein EBITA von 352,1 erwirtschaftet wurde, hatten die Frankfurter ihr Ergebnisziel allerdings um 5% auf 630 Mio EUR angehoben.
Die Aktionäre sollen von diesem Gewinnsprung über eine Verdreifachung der Dividende auf 2,10 (Vj 0,70) EUR profitieren. Damit setzt die Börse ihre Politik der Auskehrung von Eigenmitteln fort. Im vergangenen Mai hatte das Unternehmen angekündigt, innerhalb von zwei Jahren über eine Ausschüttungsquote von mindestens 50% und Aktienrückkaufprogramme insgesamt 1,5 Mrd EUR an die Anteilseigner zu verteilen. Zudem will die Börse zur Renditesteigerung das Grundkapital herabsetzen. Im April werde das Unternehmen 3,9 Mio Aktien einziehen und die Aktienzahl damit auf 102 Mio Stück sowie das Grundkapital auf 102 Mio EUR reduzieren.
Finanzvorstand Mathias Hlubek hatte in seiner Funktion als Interims-CEO auf der Hauptversammlung im Mai den Aktionären eine Nachsteuerrendite von 20% bis Ende 2007 angekündigt. Für 2003 und 2004 hatte die Deutsche Börse eine Rendite von jeweils knapp 11% ausgewiesen. Im abgelaufenen Jahr dürfte die Börse bereits deutlich an die 20%-Marke herangerückt sein.
- Von Frank Noetzel, Dow Jones Newswires, +49 (0) 69 29725116,
frank.noetzel@dowjones.com
DJG/fno/bam -0-
FRANKFURT (Dow Jones)--Zusammen mit dem erwartet starken Jahresabschluss 2005 hat die Deutsche Börse AG am Dienstagabend überraschend auch einen offenen Bewerbungsbrief für eine Fusion mit der Pariser Vierländer-Börse Euronext vorgelegt. "Unter einer Vielzahl relevanter Optionen ist ein Zusammenschluss von Deutscher Börse und Euronext die mit Abstand attraktivste Variante für Kunden und Aktionäre sowie die beteiligten Finanzplätze", hofierte Deutsche-Börse-CEO Reto Francioni seine Wunschpartnerin. Die Deutsche Börse befürworte unverändert den Dialog mit der Euronext.
In dieser Bewerbung hat die Deutsche Börse die Eckpfeiler eines Konzeptes für eine Fusion mit der Pariser Vierländerbörse konkretisiert. Die Leitung der Geschäftsbereiche einer kombinierten Gruppe solle so auf die bestehenden Standorte von Deutscher Börse und Euronext verteilt werden, dass es im Rahmen eines europäischen Standortkonzepts zu einem fairen Ausgleich zwischen den beteiligten Finanzzentren komme. Die jeweiligen Kassamärkte sollen dabei von nationalen Trägergesellschaften betrieben werden.
Zentrale der fusionierten Börse soll in Frankfurt sein
Die Zentralfunktionen der Gruppe will die Deutsche Börse allerdings an einem Standort konzentrieren - in Frankfurt. "Das europäische Standortkonzept sieht Frankfurt unter anderem als Standort für eine solche Hauptverwaltung vor", heißt es in der Mitteilung der Deutschen Börse. Vergangenen Dezember waren die Fusionsgespräche mit der Euronext dem Vernehmen nach unter anderem an der Frage des Standortes gescheitert. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Börse, Kurt Viermetz, hatte allerdings bereits im Januar deutlich gemacht, dass er die Gespräche lediglich als unterbrochen betrachtet - und nicht als beendet.
Eine Abspaltung der hochprofitablen Settlement- und Custody-Sparte Clearstream lehnen die Frankfurter allerdings weiter ab. "Die Deutsche Börse will die Konsolidierung grundsätzlich pragmatisch angehen, ohne wesentliche Bestandteile des Geschäftsportfolios aufzugeben", liest sich diese Aussage im Wortlaut der Börse. Das integrierte Geschäftsmodell habe wesentlichen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg der Gruppe in den letzten Jahren.
Die Silostruktur genannte Verzahnung von Handels- und Nachhandelsfunktionen solle allerdings auf Deutschland beschränkt bleiben. Bei diesen Nachhandelsfunktionen erwarten Branchenbeobachter erhebliche Bedenken der europäischen Wettbewerbsaufseher, falls die beiden Börsen fusionieren.
Als entscheidenden Baustein bei einem Zusammenschluss mit Euronext sieht die Deutsche Börse eine gemeinsame Informationstechnologie. Diese Integration müsse eine "unmittelbare Aufgabe des Managements der neuen Gesellschaft sein", so die Frankfurter Marktplatzbetreiber.
Jahresergebnis von Kapitalmarktboom beflügelt
Als Referenz in diesem Bewerbungsbrief dient das Jahresergebnis der Deutsche Börse AG für 2005. Der Aufschwung am Aktienmarkt mit hohen Handelsumsätzen hat dem Unternehmen einen kräftigen Umsatz- und Ergebnissprung beschert. Der Nettogewinn kletterte um knapp zwei Drittel auf 427,4 (Vj 266,1) Mio EUR. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Goodwill-Abschreibungen (EBITA) lag mit 710,9 (Vj 527,6) Mio EUR deutlich über dem Zielwert. Ursprünglich hatte die Börse für 2005 lediglich ein EBITA von 600 Mio EUR angepeilt. Nach dem starken ersten Halbjahr, in dem bereits ein EBITA von 352,1 erwirtschaftet wurde, hatten die Frankfurter ihr Ergebnisziel allerdings um 5% auf 630 Mio EUR angehoben.
Die Aktionäre sollen von diesem Gewinnsprung über eine Verdreifachung der Dividende auf 2,10 (Vj 0,70) EUR profitieren. Damit setzt die Börse ihre Politik der Auskehrung von Eigenmitteln fort. Im vergangenen Mai hatte das Unternehmen angekündigt, innerhalb von zwei Jahren über eine Ausschüttungsquote von mindestens 50% und Aktienrückkaufprogramme insgesamt 1,5 Mrd EUR an die Anteilseigner zu verteilen. Zudem will die Börse zur Renditesteigerung das Grundkapital herabsetzen. Im April werde das Unternehmen 3,9 Mio Aktien einziehen und die Aktienzahl damit auf 102 Mio Stück sowie das Grundkapital auf 102 Mio EUR reduzieren.
Finanzvorstand Mathias Hlubek hatte in seiner Funktion als Interims-CEO auf der Hauptversammlung im Mai den Aktionären eine Nachsteuerrendite von 20% bis Ende 2007 angekündigt. Für 2003 und 2004 hatte die Deutsche Börse eine Rendite von jeweils knapp 11% ausgewiesen. Im abgelaufenen Jahr dürfte die Börse bereits deutlich an die 20%-Marke herangerückt sein.
- Von Frank Noetzel, Dow Jones Newswires, +49 (0) 69 29725116,
frank.noetzel@dowjones.com
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