
Der Industriegase-Hersteller Linde
Die Einigung über den milliardenschweren Erwerb wurde nach den Sitzungen des Linde-Aufsichtsrates und des BOC-Boards am vergangenen Freitag erzielt, wie es hieß. Die Linde AG will sich an diesem Montag (6. März) auf ihrer Bilanzpressekonferenz zum Stand der Übernahmepläne äußern.
KARTELLRECHTLICHES NOCH UNGEKLÄRT
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Samstag) berichtete, der BOC-Vorstand habe seinen grundsätzlichen Widerstand aufgegeben und sei auf die Deutschen zugegangen. Nach Informationen der britischen Zeitung "Financial Times" müssen allerdings noch kartellrechtliche Fragen geklärt werden. Die Überschneidungen zwischen Linde und BOC seien gering. Linde-Chef Wolfgang Reitzle wolle aber solange nicht an die Öffentlichkeit gehen, bis die Übernahme nicht "wasserdicht" sei. Mit der Übernahme der weltweiten Nummer drei (BOC) durch die Nummer fünf (Linde) würde ein neuer Weltmarktführer für Industriegase noch vor der französischen Air Liquide entstehen.
Das Führungsgremium (Board) der Londoner BOC-Gruppe wird der "Welt" zufolge am Montag eine Empfehlung an die Aktionäre veröffentlichen, das Übernahme-Angebot der Linde AG in Höhe von 16 britischen Pfund pro Aktie anzunehmen. Das berichtet die Zeitung (Montagausgabe) unter Berufung auf Verhandlungskreise. Es hatte bereits Marktgerüchte gegeben, dass Linde sein Angebot aufstocken werde.
KAPITALERHÖHUNG
Linde-Chef Wolfgang Reitzle wolle die Transaktion teilweise durch eine Kapitalerhöhung finanzieren, schreibt die "Welt". Geplant sei die Ausgabe neuer Aktien im Wert zwischen 1,5 und 1,8 Milliarden Euro. Zusätzlich könnte es aber noch eine "eigenkapital-ähnliche" Komponente der Finanzierung geben, verlaute aus Verhandlungskreisen. Ein Analyst hatte kürzlich gesagt, wenn bekannt werde, dass der Kauf durch eine Kapitalerhöhung finanziert werden müsse, dürfte die Linde-Aktie deutlich unter Druck geraten.
Wie es in der Einigung laut der "Welt" heißt, biete Linde umgerechnet 12,4 Mrd. Euro "für das Eigenkapital der BOC". Ursprünglich hatte Linde insgesamt umgerechnet rund 11 Milliarden Euro offeriert. Linde werde neben dem Kaufpreis offenbar die Nettoverschuldung des britischen Konzerns in Höhe von 1,23 Milliarden Euro sowie die Pensionsverpflichtungen von knapp 500 Millionen Euro übernehmen.
FÜHRUNGSPOSTEN
Ob BOC-Chef Tony Isaac Mitglied im Linde-Vorstand werde, sei nach dem bisherigen Verhandlungsstand noch offen. Aus BOC-Kreisen verlaute, dass Isaac nach der Übernahme möglicherweise zurücktreten werde. Linde wurde bei der Transaktion nach den Angaben von Morgan Stanley und der Deutschen Bank beraten, BOC wurde von JP Morgan und Merrill Lynch unterstützt.
Übernimmt Linde BOC, dann könnten sich die Wiesbadener von ihrer Gabelstaplersparte trennen, wie Branchenexperten vermuten. Das Unternehmen hatte 2004 bereits den Bereich Kältetechnik verkauft./sbi
ISIN DE0006483001 GB0001081206 FR0000120073
AXC0029 2006-03-05/17:04