(Zusammenfassung)
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die Diskussion über eine Konsolidierung der deutschen Pharmabranche hat eine überraschende Wendung genommen: Die Merck KGaA aus Darmstadt will den DAX-Konzern Schering übernehmen. Schering teilte am Sonntag mit, das Unternehmen sei am Wochenende von Merck-Repräsentanten über die Absicht unterrichtet worden, ein Bar-Angebot von 77 EUR je Aktie abzugeben. Das Schering-Papier hatte am Freitagabend bei knapp 67 EUR geschlossen. Bereits am Donnerstag waren die Aktien nach Übernahmegerüchten um 6% geklettert und hatten den höchsten Stand seit Mai 2002 erreicht.
Der Vorstand von Schering lehnte das Angebot am Sonntag ab. Bei Merck war niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Durch den Zusammenschluss würde das größte börsennotierte deutsche Pharmaunternehmen mit einem Umsatz von rund 11,2 Mrd EUR entstehen. Beide Unternehmen sind in etwa gleich groß: Schering hat im vergangenen Jahr einen Erlös von 5,3 Mrd EUR erzielt, Merck hat 5,9 Mrd EUR umgesetzt. Auch von der Mitarbeiterzahl gesehen sind die beiden mit rund 25.000 beziehungsweise 29.000 Beschäftigten vergleichbar.
Der Schering-Vorstand sei der Überzeugung, dass dieses Gebot die Gesellschaft und ihre Zukunftsaussichten als unabhängiger Pharmaspezialist "erheblich unterbewertet", hieß es in der Mitteilung des Unternehmens weiter. Zum Schlusskurs von Freitag hat das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von knapp 13 Mrd EUR, das Merck-Angebot von 77 EUR je Aktie bewertet Schering mit 14,9 Mrd EUR.
Schering erklärte weiter, das Angebot sei unaufgefordert abgegeben worden und das Unternehmen stehe nicht in Verhandlungen mit Merck. Schon bei der Bilanzpressekonferenz im Februar hatte Schering erklärt, ein Zusammenschluss mit Merck oder mit dem Pharmabereich des Altana-Konzerns sei strategisch nicht sinnvoll. Der Berliner Pharmakonzern wolle sich weiter auf seine Kernbereiche konzentrieren.
Vorstandsvorsitzender Hubertus Erlen sagte am Sonntagabend weiter zu Dow Jones Newswires, bisher seien dem Management die Details und die Struktur des beabsichtigten Angebots aus Darmstadt nicht bekannt. Schering sei für das eigene Geschäft sehr guter Dinge und wolle sich auf den Weg konzentrieren, der bei der Bilanzpressekonferenz skizziert worden sei.
Mit der Mitteilung vom Sonntagnachmittag reagierte Schering auf einen Bericht der Online-Ausgabe des "manager-magazin". Die Zeitschrift hatte berichtet, um die Übernahme zu finanzieren, wollten die rund 130 Familiengesellschafter des Merck-Konzerns, die bislang 73% der Anteile halten, ein Paket von gut 20% über die Börse verkaufen. Die Erlöse daraus plus Barmittel in Höhe von rund zwei Mrd EUR sollten für die Akquisition mit eingesetzt werden.
In dem Bericht heißt es weiter, Karl-Ludwig Kley, derzeit noch Vorstandsmitglied bei der Lufthansa und dort für den Bereich Finanzen zuständig, solle den amtierenden Merck-Vorstandsvorsitzenden Michael Römer ablösen. Römer hatte erst im vergangenen November den Vorsitz der Geschäftsleitung von seinem Vorgänger Bernhard Scheuble übernommen. Kley gehört schon länger dem Aufsichtsrat der Merck KGaA und dem Gesellschafterrat der E. Merck OHG an, der die Interessen der Familiengesellschafter vertritt.
Über eine Konsolidierung im deutschen Pharmamarkt wird bereits seit längerem spekuliert. Dabei stand zuletzt der Generikamarkt im Fokus. Zudem wurde unter anderem spekuliert, die Merck KGaA könnte Altana Pharma oder Stada kaufen oder Schwarz Pharma könnte ein Gemeinschaftsunternehmen mit den Spezialtherapeutika von Schering bilden.
Bei der Schering AG hatten sich Analysten nach einer Serie von Rückschlägen bei der Medikamentenentwicklung im vergangenen Jahr kritisch über die langfristigen Zukunftsaussichten geäußert. Bei Merck gilt die Pipeline an neuen Medikamenten zwar als gut, aber als schmal. Eine echte Risikoverteilung in diesem Segment ist nach Einschätzung von Analysten bei Merck derzeit nicht möglich, es auf eine breitere Basis zu stellen sei deshalb grundsätzlich sinnvoll. Beide Unternehmen zeichnen sich nach Einschätzung von Beobachtern durch langfristige Planungen aus statt einer kurzfristigen Gewinnorientierung.
- von Richard Breum und Gangolf Schrimpf, Dow Jones Newswires, +49 (0) 211 -
13872 15,duesseldorf.de@dowjones.com
DJG/rib/brb
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die Diskussion über eine Konsolidierung der deutschen Pharmabranche hat eine überraschende Wendung genommen: Die Merck KGaA aus Darmstadt will den DAX-Konzern Schering übernehmen. Schering teilte am Sonntag mit, das Unternehmen sei am Wochenende von Merck-Repräsentanten über die Absicht unterrichtet worden, ein Bar-Angebot von 77 EUR je Aktie abzugeben. Das Schering-Papier hatte am Freitagabend bei knapp 67 EUR geschlossen. Bereits am Donnerstag waren die Aktien nach Übernahmegerüchten um 6% geklettert und hatten den höchsten Stand seit Mai 2002 erreicht.
Der Vorstand von Schering lehnte das Angebot am Sonntag ab. Bei Merck war niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Durch den Zusammenschluss würde das größte börsennotierte deutsche Pharmaunternehmen mit einem Umsatz von rund 11,2 Mrd EUR entstehen. Beide Unternehmen sind in etwa gleich groß: Schering hat im vergangenen Jahr einen Erlös von 5,3 Mrd EUR erzielt, Merck hat 5,9 Mrd EUR umgesetzt. Auch von der Mitarbeiterzahl gesehen sind die beiden mit rund 25.000 beziehungsweise 29.000 Beschäftigten vergleichbar.
Der Schering-Vorstand sei der Überzeugung, dass dieses Gebot die Gesellschaft und ihre Zukunftsaussichten als unabhängiger Pharmaspezialist "erheblich unterbewertet", hieß es in der Mitteilung des Unternehmens weiter. Zum Schlusskurs von Freitag hat das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von knapp 13 Mrd EUR, das Merck-Angebot von 77 EUR je Aktie bewertet Schering mit 14,9 Mrd EUR.
Schering erklärte weiter, das Angebot sei unaufgefordert abgegeben worden und das Unternehmen stehe nicht in Verhandlungen mit Merck. Schon bei der Bilanzpressekonferenz im Februar hatte Schering erklärt, ein Zusammenschluss mit Merck oder mit dem Pharmabereich des Altana-Konzerns sei strategisch nicht sinnvoll. Der Berliner Pharmakonzern wolle sich weiter auf seine Kernbereiche konzentrieren.
Vorstandsvorsitzender Hubertus Erlen sagte am Sonntagabend weiter zu Dow Jones Newswires, bisher seien dem Management die Details und die Struktur des beabsichtigten Angebots aus Darmstadt nicht bekannt. Schering sei für das eigene Geschäft sehr guter Dinge und wolle sich auf den Weg konzentrieren, der bei der Bilanzpressekonferenz skizziert worden sei.
Mit der Mitteilung vom Sonntagnachmittag reagierte Schering auf einen Bericht der Online-Ausgabe des "manager-magazin". Die Zeitschrift hatte berichtet, um die Übernahme zu finanzieren, wollten die rund 130 Familiengesellschafter des Merck-Konzerns, die bislang 73% der Anteile halten, ein Paket von gut 20% über die Börse verkaufen. Die Erlöse daraus plus Barmittel in Höhe von rund zwei Mrd EUR sollten für die Akquisition mit eingesetzt werden.
In dem Bericht heißt es weiter, Karl-Ludwig Kley, derzeit noch Vorstandsmitglied bei der Lufthansa und dort für den Bereich Finanzen zuständig, solle den amtierenden Merck-Vorstandsvorsitzenden Michael Römer ablösen. Römer hatte erst im vergangenen November den Vorsitz der Geschäftsleitung von seinem Vorgänger Bernhard Scheuble übernommen. Kley gehört schon länger dem Aufsichtsrat der Merck KGaA und dem Gesellschafterrat der E. Merck OHG an, der die Interessen der Familiengesellschafter vertritt.
Über eine Konsolidierung im deutschen Pharmamarkt wird bereits seit längerem spekuliert. Dabei stand zuletzt der Generikamarkt im Fokus. Zudem wurde unter anderem spekuliert, die Merck KGaA könnte Altana Pharma oder Stada kaufen oder Schwarz Pharma könnte ein Gemeinschaftsunternehmen mit den Spezialtherapeutika von Schering bilden.
Bei der Schering AG hatten sich Analysten nach einer Serie von Rückschlägen bei der Medikamentenentwicklung im vergangenen Jahr kritisch über die langfristigen Zukunftsaussichten geäußert. Bei Merck gilt die Pipeline an neuen Medikamenten zwar als gut, aber als schmal. Eine echte Risikoverteilung in diesem Segment ist nach Einschätzung von Analysten bei Merck derzeit nicht möglich, es auf eine breitere Basis zu stellen sei deshalb grundsätzlich sinnvoll. Beide Unternehmen zeichnen sich nach Einschätzung von Beobachtern durch langfristige Planungen aus statt einer kurzfristigen Gewinnorientierung.
- von Richard Breum und Gangolf Schrimpf, Dow Jones Newswires, +49 (0) 211 -
13872 15,duesseldorf.de@dowjones.com
DJG/rib/brb