Der Milliarden-Poker um den Berliner
Pharmakonzern Schering
Merck stockte seinen Schering-Anteil nach eigenen Angaben vom
Freitag auf nun 10,1 Prozent auf. Schering-Aktien zogen bis zum
Mittag bei hohen Umsätzen deutlich an. Bayer lag dagegen im Minus
und am DAX-Ende
Den bisherigen Plänen zufolge will Bayer den Schering-Konzern in der größten Übernahme der Firmengeschichte für 16,5 Milliarden schlucken. Mit der Offerte hatte Bayer das konkurrierende Angebot der Darmstädter Merck KGaA in Höhe von 14,6 Milliarden Euro getoppt.
HEDGE-FONDS IM SPIEL
Marktbeobachter rätselten über die Motivation der Darmstädter: "Merck ist unserer Einschätzung nach immer noch an einer Übernahme von Schering interessiert", sagte ein Analyst. Das Familienunternehmen, das mit der Schering-Übernahme die eigene Pharmasparte stärken wollte, könnte sich nach Einschätzung von Beobachtern mit Hedge-Fonds zusammen tun und die Bayer-Pläne durchkreuzen oder eine Übernahme durch die Leverkusener in die Länge ziehen. Nach Angaben aus Branchenkreisen halten Hedge-Fonds bereits rund 20 Prozent an dem Berliner Traditionsunternehmen.
Merck selbst äußerte sich nicht konkret zu den Zielen im Übernahmepoker. In einer offiziellen Stellungnahme an die US-Börsenaufsicht SEC hieß es: Merck habe die Zukäufe getätigt, um seine Position für den Fall eines Scheiterns des Bayer-Angebots für Schering zu sichern.
Ein erneutes Angebot von Merck für Schering würde Marktbeobachter und Branchenexperten jedoch eher überraschen. Im März hatte Merck noch mitgeteilt: "Die Geschäftsleitung der Merck KGaA ist zu der Auffassung gelangt, dass ein höherer Preis je Schering Aktie aus der Sicht von Merck nicht gerechtfertigt ist, und hat sich deshalb entschieden die geplante Übernahme von Schering nicht weiterzuverfolgen." Merck hatte in einer feindlichen Übernahme vor der Bayer-Offerte 77 Euro je Schering-Aktie geboten.
BAYER-FINANZVORSTAND - MERCK WIRD AKTIEN WOHL NICHT ANDIENEN
Bayer stellt sich derzeit bereits darauf ein, den Merck-Anteil nicht zu erhalten: "Wir müssen uns darauf einstellen, dass Merck uns ihre Aktien möglicherweise nicht andienen wird", sagte Bayer-Finanzchef Klaus Kühn der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ/Freitagausgabe). Bayer wurden zuletzt gut 40 Prozent der Schering-Aktien zum Kauf angeboten. Angesichts der Aufstockung der Schering-Beteiligung auf gut 10 Prozent durch Merck bestehe das Risiko, dass die Mindestannahmequote von 75 Prozent von Bayer zum Ende der Frist am nächsten Mittwoch (14. Juni) nicht erreicht werde.
Die Übernahme von Schering durch Bayer könnte am Ende nach Ansicht von Beobachtern gleichwohl gelingen: "Auch wenn Bayer am 14. Juni keine 75 Prozent hat, kann sich Bayer mit Schering auf eine Übernahme einigen", sagte ein Düsseldorfer Analyst. Dafür gelte eine Frist von einem Jahr.
Mit der Aufstockung des Schering-Anteils von Merck auf 10 Prozent sei die ursprünglich vermutete Motivation Squeeze-out (Zwangsabfindung) vom Tisch, sagte ein Beobachter. "Wenn Merck einen Squeeze-out bei Schering verhindern wollte, um für sich selbst mehr an Gewinn rauszuschlagen, dann hätte ein Anteil von fünf Prozent gereicht", sagte der Experte. Dagegen schätzt die Landesbank Baden-Württemberg das Aktienpaket von Merck als Stolperstein ein. Merck könne vorerst einen möglichen Zwangsausschluss (Squeeze-Out) verhindern. Um eine Zwangsabfindung einzuleiten muss ein Unternehmen 95 Prozent an einem Zielunternehmen halten./ep/jha/fd/sb
ISIN DE0006599905 DE0005752000 DE0007172009
AXC0071 2006-06-09/12:16