Der teure "Kabelsalat" beim Airbus A380 hat
das Vertrauen der Investoren in Europas führenden Luft- und
Raumfahrtkonzern European Aeronautic Defence and Space Company
(EADS)
"Wir haben eine ganz neue Situation", sagt EADS-Sprecher Christian Poppe. "Bisher ging es bei der A380-Zeitplanung um die Verschiebung des Startermins" (wegen Retuschen am Flugzeugkonzept). "Der wird eingehalten. Jetzt haben wir ein industrielles Fertigungsproblem. Das ist neu." Immerhin betritt Airbus nicht nur technologisch mit dem A380 Neuland, sondern auch beim hoch komplexen Produktionsprozess.
MÄRKTE SCHOCKIERT
Luftfahrtexperte Sasha Tusa von Goldman Sachs sieht allerdings "die Glaubwürdigkeit des Managements von EADS und den Ruf von Airbus stark beschädigt". Und die Analysten von Exane (BNP-Paribas) meinen, die Milliarden teuren Lieferprobleme dürften schon vorher voraussehbar gewesen sein, "vielleicht vor dem teilweisen Ausstieg von Lagardère und DaimlerChrysler" aus dem EADS-Kapital.
Wie schockiert die Märke sind, zeigte sich am Mittwoch mit dem Rutsch der EADS-Aktie um 26,32 Prozent auf 18,73 Euro. Damit lag die Aktie sogar unter ihrem Ausgabekurs von 19 Euro im Juli 2000. 5,5 Milliarden Euro lösten sich in Luft auf. Investmentbanken stuften EADS von "Kauf" auf "Verkaufen". Ein Drama ist der Absturz der Aktie auch für BAE Systems. Die Briten wollen ihren 20-Prozent-Anteil bei Airbus an EADS verkaufen. Es geht nur noch um den Preis. Doch nach dem A380-Debakel nahmen die Experten von Morgan Stanley ihre Bewertung des Anteils von 4,4 auf 3,5 Milliarden Euro zurück.
Im März kostete die EADS-Aktie mit bis zu 35,42 Euro noch fast doppelt so viel wie heute. In dieser Hochphase verkaufte der EADS-Co- Chef Noël Forgeard Aktien für 2,5 Millionen Euro. Forgeard war bis vor einem Jahr Airbus-Chef und ist bei EADS für Airbus zuständig. Auch drei andere EADS-Manager machten Kasse. Wussten sie nichts von den Produktionsproblemen? Bei EADS zeigt man sich dessen sicher: Noch im Mai habe Airbus-Chef Gustav Humbert signalisiert, es gebe keine Verzögerung beim A380. Die Produktionsmanager glaubten, die Probleme mit Hilfsteams aus Deutschland und Spanien zu lösen. Die Leute "treten sich auf den Füßen rum", klagte die Gewerkschaft CGT.
'UNEHRLICH ODER INKOMPETENT'
Anfang April warfen die Großaktionäre DaimlerChrysler
Ein starkes Argument spricht gegen die Insiderthese: Wenn EADS und Lagardère von den Milliardenkosten der Verschiebung wussten, dann auch der Airbus-Aktionär BAE Systems. Doch die Briten wurden von der Verzögerung kalt erwischt. Sichtlich verärgert erklärte BAE, die Airbus-Aktionäre hätten "niemals einen veränderten Budget- oder Geschäftsplan" wegen A380-Verzögerungen vorgelegt bekommen.
Ist also der neue Airbus-Chef Humbert schuld, weil er die Probleme zu lange verschwiegen hat? Lagardère nimmt den Manager vorerst in Schutz: "Ich will kein Köpfe rollen lassen, um den Märkten zu gefallen." Erst müsse man klären, wo die Probleme liegen. Forgeard äußert sich da ganz anders. "Es tut mir schrecklich Leid für die Investoren, die ihr Vertrauen in die EADS- Gruppe gesetzt haben", sagt er. "Als ich bei Airbus war, haben wir niemals unsere eigenen Prognosen verfehlt."/hn/PD/mw
--- Von Hans-Hermann Nikolei, dpa ---
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AXC0088 2006-06-15/17:12