Die Scheinlösung Für den europäischen Luftfahrtkonzern EADS beginnt die Woche der Wahrheit: Seine Großaktionäre müssen einen Ausweg aus der tiefen Krise finden, in die das Unternehmen geraten ist. Die abermaligen Lieferverzögerungen beim Großraumflugzeug Airbus A380, die Mitte Juni bekannt wurden, haben die EADS-Aktie abstürzen lassen, haben das Vertrauen der Märkte, der Kunden und der Mitarbeiter erschüttert.
Doch die Veränderungen an der EADS-Spitze, auf die sich die Aktionäre voraussichtlich in den nächsten Tagen einigen werden, sind nur eine Scheinlösung zur Beendigung der Krise. So zeichnet sich ein Ende der deutsch-französischen Doppelspitze ab: Während Co-Vorstandschef Noël Forgeard wohl gehen muss, könnte sein deutscher Gegenpart Thomas Enders bleiben und das Unternehmen allein weiterführen. Zweifellos wäre Forgeards Abgang eine Erleichterung für den Konzern. Trotz aller Verdienste, die er bei der Airbus-Entwicklung hat - die Neigung, seinen Machtinstinkt in Ränkespielen auszuleben, war schon lang eine Belastung für den Unternehmensfrieden. Dies gilt nun noch mehr, da die Börsenaufsicht wegen des Verdachts auf Insidergeschäfte im Zusammenhang mit den Lieferverzögerungen beim A380 gegen ihn ermittelt. Dennoch ist es ein Fehlschluss zu glauben, dass man mit einem Rücktritt Forgeards und der Abschaffung der Doppelspitze ein Personal- und ein Strukturproblem auf einmal löst. Es mag sein, dass die Entscheidungsprozesse effizienter würden, wenn Enders allein Vorstandschef wäre und die französische Seite dafür den Posten des Verwaltungsratschefs bekäme. Die wahren Strukturprobleme würden damit aber bestenfalls übertüncht - was die Gefahr birgt, dass vieles, was die Wettbewerbsfähigkeit von EADS einschränkt, unerkannt bleibt. Bis der Konzern in ein paar Jahren wieder von Turbulenzen geschüttelt wird. Zu den wahren Strukturproblemen bei EADS zählt, dass der Konzern immer noch einer Holding gleicht, in der die einzelnen Sparten wie Airbus oder Eurocopter lose verbunden sind, statt Synergien freizusetzen. Dieses Defizit illustriert, wie sehr EADS ein politisches Kunstgebilde ist, kein organisch gewachsener Konzern. Das Unternehmen hat aber keine Chance, sich organisch zu entwickeln, wenn ein anderes Strukturproblem fortbesteht: die direkte Beteiligung des französischen Staates an EADS mit 15 Prozent. Da auf deutscher Seite mit DaimlerChrysler nur ein Privatunternehmen im Kreis der Großaktionäre vertreten ist, wird sich diese Asymmetrie nicht auflösen lassen, die betriebswirtschaftliche Entscheidungen behindert und politischen Interessen zu viel Raum gibt. Dies ist das tiefer liegende Strukturproblem bei EADS. Paris macht keine Anstalten, es zu lösen.
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