Abgesagt: Die Putin-Festspiele Das Treffen der sieben führenden Industrienationen und Russlands in Sankt Petersburg kann bisher in vielen Punkten auf einen Zweiergipfel reduziert werden: Auf der einen Seite steht ein politisch angeschlagener US-Präsident, der angesichts der Fülle internationaler Konfliktherde kaum noch weiterweiß. Auf der anderen Seite steht sein Gastgeber Wladimir Putin. Russlands Staatschef würde, gestärkt durch hohe Energieeinnahmen und neues außenpolitisches Selbstbewusstsein, die Schwäche George W. Bushs allzu gern nutzen, um sich als Krisenmanager zu profilieren.
Gemessen an diesem Anspruch ist der Gipfel ein Misserfolg für Putin. Die ursprünglich geplanten Themen des Treffens, allen voran die Kooperation in Energiefragen, gerieten angesichts der Eskalation im Nahen Osten zu einer Randnotiz. Heraus kamen vage Absichtserklärungen zu Kernenergie und Markttransparenz, die niemanden binden und keinen wirklich weiterbringen. Zudem scheiterte der Kreml mit dem Versuch, bei seinen Plänen für einen Beitritt zur Welthandelsorganisation Fakten zu schaffen. Nachdem russische Regierungsvertreter vor dem Gipfel verkündet hatten, eine Einigung mit den USA stehe unmittelbar bevor, ließ Bush Putin trotzdem abblitzen. Auch atmosphärisch gab es keine Entspannung. Wer im Kreml geglaubt hatte, die scharfe Kritik aus den USA am russischen Verständnis von Demokratie werde sich beim Plausch auf weichen Gipfel-Sofas abmildern, sah sich getäuscht. Bush forderte vor und während seines Besuch in Russland mehr Raum für die Zivilgesellschaft. Putin, der Gipfelgegner schon vorab zu Dutzenden hatte verhaften lassen, rüffelte in Interviews genervt zurück. Letztendlich blieb der Kreml-Chef in der Rolle des Angeklagten. Die Putin-Festspiele von Sankt Petersburg - sie sind ausgefallen.
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