Warnsignal für Verdi Noch ist der Führung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nichts anzumerken. Geradezu mit Gelassenheit beobachtete die Organisation, die 2,4 Millionen Mitglieder aus über 1000 Berufen vertritt, den Tarifstreit bei den Ärzten. Intern aber dürfte es anders aussehen: Der unbestreitbare Erfolg der Ärzte, die auf eigene Rechnung kämpften und gewannen, bedroht die Gewerkschaft in der Substanz. Mehr und mehr Berufsgruppen werden überlegen, ob dieser schwerfällige Tanker adäquat ihre oft speziellen Interessen vertritt. Ein Weiter-so wäre daher eine gefährliche Strategie. Noch hat Verdi Zeit, der Bundeskongress der 2002 gegründeten Gewerkschaft findet erst im Herbst 2007 statt. Bis dahin müssen Antworten auf viele Besorgnis erregende Entwicklungen gefunden werden. Bei Verdi sinken die Mitgliederzahlen stärker als bei der Schwestergewerkschaft IG Metall. In den letzten Jahren haben mehrere kleine Gewerkschaften erfolgreich eigenständige Tarifverhandlungen aufgenommen, wie die Flugbegleiter und eben die Ärzte. Und die wochenlange Auseinandersetzung im öffentlichen Dienst, dem wichtigsten Mitgliederbereich, endete im Frühjahr in einer nur mühsam kaschierten Niederlage. Mit dem Zusammenschluss zu Verdi vor vier Jahren wollten die Gewerkschaften finanz- und schlagkräftiger werden. Verdi droht, beide Ziele zu verfehlen. Eine Analyse ist dringend geboten. Eine mögliche Lösung könnte sein, stärker die Interessen einzelner Gruppen zu berücksichtigen. Möglicherweise steht am Ende gar die Erkenntnis, dass Einzelgewerkschaften mehr ausrichten können. Die Klage, dass bei den Ärzten Solidarität und Gemeinsinn zu kurz gekommen seien, hilft jedenfalls nicht. Sie riskiert nur, dass der sich formende Dienstleistungsstandort Deutschland ohne starke Gewerkschaft stattfindet.
Kontakt: Kommentar@ftd.de
Ines Zöttl - 030/22074169
Leo Klimm - 040/31990311
Christian Schütte - 030/22074169
Dies ist eine Pressestimme der Financial Times Deutschland. Für Text und Inhalt ist ausschließlich die Financial Times Deutschland verantwortlich. Die geäußerten Ansichten reflektieren auch nicht die Ansichten von Dow Jones Newswires oder der Dow Jones and Company Inc.
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