WestLB-Chef Thomas Fischer hat den geplanten Verkauf des HSH-Anteils an einen Finanzinvestor verteidigt und fordert von den öffentlichen Banken eine Öffnung für privates Kapital. "Es ist an der Zeit, diese Verfügbarkeit neuen Kapitals für unsere Institute als Chance zu begrüßen und nicht als Gefahr abzuweisen", sagte Fischer am Freitag auf der "Handelsblatt"-Tagung "Banken im Umbruch" in Frankfurt. Diese Mittel- und Langfristinvestoren hätten nicht die Absicht, den öffentlichen Sektor zu zerstören. "Die wollen dabei sein. Die wollen nichts zerstören."
Die WestLB hatte am Mittwoch angekündigt, ihren knapp 27-prozentigen Anteil an der HSH Nordbank für 1,25 Milliarden Euro an den Finanzinvestor J.C. Flowers verkaufen zu wollen. "Wir wollten nicht zwingend an einen Finanzinvestor verkaufen", betonte Fischer. Die WestLB habe die Beteiligung aus strategischen Gründen verkaufen wollen, um das Kapital für das operative Geschäft freizusetzen. Bei gleichen Konditionen habe er keine Präferenz für einen Privatinvestor, aber "Geld stinkt nicht". Mit Blick auf das Vorkaufsrecht der Miteigentümer sagte Fischer: "Wer den Verkauf für einen Tabubruch hält, der kann ihn ja noch verhindern." Neben der WestLB sind die Hansestadt Hamburg (35,38%), das Land Schleswig-Holstein (20,02%) und der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein (18,02%) an der HSH Nordbank beteiligt. Die Miteigentümer prüfen derzeit die Ausübung ihres Vorkaufsrechts.
Fischer betonte, J.C. Flowers werde bei der HSH eine Minderheitenrolle haben, "die nie zu einer dominanten Position werden wird“. Wie aus einem Bericht der „Financial Times Deutschland“ (Freitag) hervorgeht, stehen hinter dem US-Investor Christopher Flowers große Finanzkonzerne aus dem Ausland, die aus dem Kundenkreis von Flowers Fonds stammen. Darunter seien die spanische Santander Central Hispano (SCH), der US-Versicherer American International Group (AIG), der US-Mischkonzern General Electric (GE) und die niederländische Bank ABN Amro. Laut Bericht erhalten die Investoren wegen Restriktionen durch die US-Aufsichtsbehörden jeweils unter zehn Prozent.
Das neue Interesse der Finanzinvestoren sei auf die Marktanteile der Sparkassen und Landesbanken zurückzuführen, sowie auf die vorhandenen, aber bisher nicht ausgeschöpften Potenziale, sagte Fischer. Ein Problem insbesondere der Landesbanken sei, dass ihre Erträge zwar zu 60 bis 70 Prozent vom Auslandsgeschäft abhängen. "Führend aber sind wir nur in solchen Märkten, in denen die Zutrittsschwellen nicht sehr hoch sind", sagte Fischer. Eher "unter ferner liefen" arbeiteten die Sparkassen und Landesbanken etwa bei der Begleitung von Börsengängen oder bei der Finanzierung von Übernahmen. Kapazitäten und Fähigkeiten seien zwischen vielen Instituten zersplittert. "Neue Weichenstellungen sind also nötig."
Aus betriebswirtschaftlichen Gründen sei er aber weiterhin gegen die Privatisierung von Sparkassen. "Weil eine Privatisierung zusammen mit einer folgenden Konzernierung von Sparkassen in Großunternehmen ein enorm effizientes, aus selbständig operierenden Unternehmen beruhendes Vertriebssystem zu beseitigen droht." Ebenso sprach er sich erneut gegen Fusionen von Landesbanken aus. Verdichtungen seien dagegen geeignet, Kapazitäten und Fähigkeiten zu bündeln. "Wir, die WestLB, bleiben weiterhin bereit, Angebote zu Kooperationen und Koalition im Sparkassen-Finanzverbund zu prüfen."
Fischer forderte vom öffentlich-rechtlichen Bankensektor, die Auseinandersetzung mit Brüssel etwa im Streit um die Namensrechte für Sparkassen konstruktiv zu lösen. Die Auseinandersetzung binde Kräfte, "die wir alle besser im Wettbewerb zur Geltung kommen lassen sollten". Die internationale Konkurrenz der deutschen Banken gehe aggressiver denn je auf deren Kunden zu. "Es wird weitere Veränderungen im deutschen Bankensystem geben, ob mit oder gegen Brüssel." Je konstruktiver und pragmatischer die öffentlichen Banken mit dem Reformbedarf umgehen, desto größer sei die Chance, die Veränderungen positiv zu gestalten./sb/zb/she
AXC0072 2006-09-01/11:58