Glückliche Verlierer Die Verlierer der Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sind die großen Parteien.
Da ist zunächst die Union, die in Berlin ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren hat und die in Mecklenburg-Vorpommern wohl auf der Oppositionsbank bleibt - und das, obwohl die SPD, die zweite Verliererin, im Nordosten ein Viertel ihrer Wähler einbüßt. Für die SPD sollte dies ungleich schwerer wiegen als der Sieg Klaus Wowereits gegen eine als Gegner kaum ernst zu nehmende Berliner CDU. Und die Linkspartei, die in beiden Ländern zu den Großen gezählt werden muss, kann diesen Status fortan zumindest in Berlin nicht mehr für sich reklamieren. Doch trotz teils dramatischer Stimmenverluste sind die Niederlagen für alle drei verkraftbar. Für die SPD, weil sie in beiden Ländern an der Macht bleibt. Für die Linke, weil auch sie weiter mitregieren dürfte, wenn sie will. Für die Union, weil sie mit diesen Ergebnissen rechnen konnte. Nachdem sich insbesondere für SPD und Union wenig verändert hat, verschieben sich auch innerhalb der großen Koalition auf Bundesebene keine Gewichte. So gesehen sind die Landtagswahlergebnisse für beide gute Ergebnisse - sie stören nicht zusätzlich die ohnehin schwierige Zusammenarbeit im Bund. Keiner der Partner wird plötzlich vom Gefühl befallen, sich stärker auf Kosten des anderen profilieren zu müssen. Die Großkoalitionäre werden diese Landtagswahlen also schon morgen abgehakt haben. Ihr Glück ist, dass ihre Machtbalance in den nächsten anderthalb Jahren mit Ausnahme der eher unbedeutenden Bürgerschaftswahl in Bremen durch keinen Stimmungstest gestört werden kann. Darin liegt aber auch eine Verpflichtung. Die Verpflichtung, bis zu den wichtigen Landtagswahlen Anfang 2008 etwas Substanzielles zuwege zu bringen. Denn heute, ein Jahr nach der Bundestagswahl, steht wenig auf der Habenseite von Schwarz-Rot: Die Gesundheitsreform ist im Scheitern begriffen, die Unternehmenssteuerreform kommt nicht voran, der Rückgang der Arbeitslosigkeit reicht bei weitem nicht aus und ist überdies der Konjunktur zu verdanken, nicht der Politik. Die größte bislang von der Regierung Merkel beschlossene Reform ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer - das ist bezeichnend. Etwas Grundlegendes hat sich am Wahlsonntag, der vordergründig kaum Veränderungen gebracht hat, dann schon getan: Nach dem Einzug der NPD in den Schweriner Landtag sind rechtsextreme Parteien nun in vier Landesparlamenten vertreten. Sie drohen sich in Ostdeutschland als feste Größe zu etablieren. Kann dieser erschreckende antidemokratische Trend nicht gestoppt werden, dürften die großen Parteien im Osten nicht mehr oft so zufriedene Verlierer sein wie gestern.
Kontakt: Kommentar@ftd.de
Ines Zöttl - 030/22074169
Leo Klimm - 040/31990311
Christian Schütte - 030/22074169
Dies ist eine Pressestimme der Financial Times Deutschland. Für Text und Inhalt ist ausschließlich die Financial Times Deutschland verantwortlich. Die geäußerten Ansichten reflektieren auch nicht die Ansichten von Dow Jones Newswires oder der Dow Jones and Company Inc.
Da ist zunächst die Union, die in Berlin ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren hat und die in Mecklenburg-Vorpommern wohl auf der Oppositionsbank bleibt - und das, obwohl die SPD, die zweite Verliererin, im Nordosten ein Viertel ihrer Wähler einbüßt. Für die SPD sollte dies ungleich schwerer wiegen als der Sieg Klaus Wowereits gegen eine als Gegner kaum ernst zu nehmende Berliner CDU. Und die Linkspartei, die in beiden Ländern zu den Großen gezählt werden muss, kann diesen Status fortan zumindest in Berlin nicht mehr für sich reklamieren. Doch trotz teils dramatischer Stimmenverluste sind die Niederlagen für alle drei verkraftbar. Für die SPD, weil sie in beiden Ländern an der Macht bleibt. Für die Linke, weil auch sie weiter mitregieren dürfte, wenn sie will. Für die Union, weil sie mit diesen Ergebnissen rechnen konnte. Nachdem sich insbesondere für SPD und Union wenig verändert hat, verschieben sich auch innerhalb der großen Koalition auf Bundesebene keine Gewichte. So gesehen sind die Landtagswahlergebnisse für beide gute Ergebnisse - sie stören nicht zusätzlich die ohnehin schwierige Zusammenarbeit im Bund. Keiner der Partner wird plötzlich vom Gefühl befallen, sich stärker auf Kosten des anderen profilieren zu müssen. Die Großkoalitionäre werden diese Landtagswahlen also schon morgen abgehakt haben. Ihr Glück ist, dass ihre Machtbalance in den nächsten anderthalb Jahren mit Ausnahme der eher unbedeutenden Bürgerschaftswahl in Bremen durch keinen Stimmungstest gestört werden kann. Darin liegt aber auch eine Verpflichtung. Die Verpflichtung, bis zu den wichtigen Landtagswahlen Anfang 2008 etwas Substanzielles zuwege zu bringen. Denn heute, ein Jahr nach der Bundestagswahl, steht wenig auf der Habenseite von Schwarz-Rot: Die Gesundheitsreform ist im Scheitern begriffen, die Unternehmenssteuerreform kommt nicht voran, der Rückgang der Arbeitslosigkeit reicht bei weitem nicht aus und ist überdies der Konjunktur zu verdanken, nicht der Politik. Die größte bislang von der Regierung Merkel beschlossene Reform ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer - das ist bezeichnend. Etwas Grundlegendes hat sich am Wahlsonntag, der vordergründig kaum Veränderungen gebracht hat, dann schon getan: Nach dem Einzug der NPD in den Schweriner Landtag sind rechtsextreme Parteien nun in vier Landesparlamenten vertreten. Sie drohen sich in Ostdeutschland als feste Größe zu etablieren. Kann dieser erschreckende antidemokratische Trend nicht gestoppt werden, dürften die großen Parteien im Osten nicht mehr oft so zufriedene Verlierer sein wie gestern.
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