Von Stefan Paul Mechnig
Dow Jones Newswires
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die Deutsche Telekom könnte für ihr teures neues Supernetz nach Vorstellungen der SPD erheblich mehr Schutz vor Regulierung bekommen als von der Bundesregierung ursprünglich vorgesehen. In einem Papier der Bundestagsfraktion, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte, wird der bisherige Gesetzentwurf, der bereits von der Europäischen Kommission entschieden abgelehnt wird, noch einmal verschärft. Darin wird die Position der Telekom übernommen, wonach bereits das Glasfasernetz als solches einen "neuen Markt" bildet, der prinzipiell von der Regulierung auszunehmen ist.
Der SPD-Berichterstatter zu dem Thema, der Bundestagsabgeordnete Martin Dörmann, betonte gegenüber Dow Jones, bei dem Papier handele es sich um die weitestgehende von mehreren Varianten, über die die Fraktion in der nächsten Woche entscheiden wolle. Eine mit der Sache vertraute Person aus der Branche sagte, die harte Version werde von einflussreichen SPD-Leuten getragen. Auch in der Union gebe es Befürworter in der Fraktionsspitze, war aus dieser Quelle zu hören.
Die parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion, Martina Krogman, sagte Dow Jones, CDU und CSU würden am Wochenende über das neue Gesetz beraten. "Wir wollen Anreize für Investitionen schaffen, aber keinesfalls neue Monopole ermöglichen", betonte die Politikerin. "Ganz offensichtlich EU-widrige und absurde Regelungen werden wir sicher nicht mitmachen."
Die Telekom will insgesamt drei Mrd EUR in ihr neues schnelles VDSL-Netz investieren, macht das aber neben dem Vermarktungserfolg davon abhängig, dass sie ohne Eingriffe des Regulierers frei darüber bestimmen kann. In Teilen existiert es bereits, und seit kurzem bietet der Bonner Konzern darauf Bündelprodukte aus Surfen, Internet-Fernsehen und Web-Telefonie ("Triple Play") an.
Von solchen Angeboten hofft die Telekom, den starken Kundenschwund im traditionellen Festnetz zu stoppen. Hier sind in den ersten neun Monaten mehr als 1,5 Millionen Nutzer zu Konkurrenten gewechselt. Das hat bei dem Unternehmen zu Umsatz- und Gewinnrückgang geführt und es zur Rücknahme seiner Prognosen gezwungen.
Gemäß den Vorstellungen der SPD-Fraktion, die nach Informationen von Dow Jones bereits in das Bundeswirtschaftsministerium eingebracht wurden, würde es schon genügen, wenn ein Unternehmen bloß die Absicht bekundet, Infrastrukturinvestitionen zu tätigen, um bei der Bundesnetzagentur eine Ausnahme von der Regulierung beantragen zu können. Die Behörde soll demnach aber kein Instrumentarium bekommen, um als Entscheidungshilfe einen neu entstehenden Markt überhaupt untersuchen zu können. Die in der Regulierungspraxis üblichen Verfahren der Marktdefinition und Marktanalyse sollen ausdrücklich wegfallen.
Entscheiden müsste die Netzagentur binnen zwei Monaten nach Eingang des Antrags, wie aus dem Dow Jones bekannten Wortlaut des Fraktionspapiers weiter hervorgeht. Ihr Beschluss würde dann für zwei Jahre gelten. Im Lager der Wettbewerber heißt es dazu, dies bedeute eine einseitige Bevorzugung der Telekom. Sollte die SPD diese oder eine andere, nur unerheblich schwächere Version annehmen, hätte sich der Ex-Monopolist mit seinen Forderungen nach Definition des Begriffs "neuer Markt" und einem konkretem Zeitraum für eine Regulierungsfreistellung durchgesetzt, sagte eine Person, die sich mit dem Thema auskennt.
In dem bisherigen Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett verabschiedet hat, heißt es lediglich allgemein, neue Märkte sollen nur dann reguliert werden, wenn andernfalls eine langfristige Wettbewerbsbehinderung drohe. Nach Ansicht der Netzagentur und der EU-Kommission richtet sich das Vorliegen eines neuen Marktes nach den Produkten, nicht aber nach dem Netz selbst, wie es die Telekom fordert.
Schon die jetzige Formulierung ist nach Ansicht der EU-Kommission unvereinbar mit dem europäischen Recht. In einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), der Dow Jones vorliegt, riefen die beiden Kommissarinnen Viviane Reding und Neelie Kroes Ende Oktober die Bundesregierung noch einmal eindringlich dazu auf, den Entwurf zu ändern und drohten erneut mit der Anrufung des Europäischen Gerichtshofes. Der Konflikt könnte somit die EU-Ratspräsidentschaft belasten, die die Bundesrepublik Deutschland in der ersten Hälfte des kommenden Jahres innehat.
-Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, ++ 49 (0) 211 - 13 87 213,
TMT.de@dowjones.com
DJG/stm/roa
Dow Jones Newswires
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die Deutsche Telekom könnte für ihr teures neues Supernetz nach Vorstellungen der SPD erheblich mehr Schutz vor Regulierung bekommen als von der Bundesregierung ursprünglich vorgesehen. In einem Papier der Bundestagsfraktion, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte, wird der bisherige Gesetzentwurf, der bereits von der Europäischen Kommission entschieden abgelehnt wird, noch einmal verschärft. Darin wird die Position der Telekom übernommen, wonach bereits das Glasfasernetz als solches einen "neuen Markt" bildet, der prinzipiell von der Regulierung auszunehmen ist.
Der SPD-Berichterstatter zu dem Thema, der Bundestagsabgeordnete Martin Dörmann, betonte gegenüber Dow Jones, bei dem Papier handele es sich um die weitestgehende von mehreren Varianten, über die die Fraktion in der nächsten Woche entscheiden wolle. Eine mit der Sache vertraute Person aus der Branche sagte, die harte Version werde von einflussreichen SPD-Leuten getragen. Auch in der Union gebe es Befürworter in der Fraktionsspitze, war aus dieser Quelle zu hören.
Die parlamentarische Geschäftsführerin der Unionsfraktion, Martina Krogman, sagte Dow Jones, CDU und CSU würden am Wochenende über das neue Gesetz beraten. "Wir wollen Anreize für Investitionen schaffen, aber keinesfalls neue Monopole ermöglichen", betonte die Politikerin. "Ganz offensichtlich EU-widrige und absurde Regelungen werden wir sicher nicht mitmachen."
Die Telekom will insgesamt drei Mrd EUR in ihr neues schnelles VDSL-Netz investieren, macht das aber neben dem Vermarktungserfolg davon abhängig, dass sie ohne Eingriffe des Regulierers frei darüber bestimmen kann. In Teilen existiert es bereits, und seit kurzem bietet der Bonner Konzern darauf Bündelprodukte aus Surfen, Internet-Fernsehen und Web-Telefonie ("Triple Play") an.
Von solchen Angeboten hofft die Telekom, den starken Kundenschwund im traditionellen Festnetz zu stoppen. Hier sind in den ersten neun Monaten mehr als 1,5 Millionen Nutzer zu Konkurrenten gewechselt. Das hat bei dem Unternehmen zu Umsatz- und Gewinnrückgang geführt und es zur Rücknahme seiner Prognosen gezwungen.
Gemäß den Vorstellungen der SPD-Fraktion, die nach Informationen von Dow Jones bereits in das Bundeswirtschaftsministerium eingebracht wurden, würde es schon genügen, wenn ein Unternehmen bloß die Absicht bekundet, Infrastrukturinvestitionen zu tätigen, um bei der Bundesnetzagentur eine Ausnahme von der Regulierung beantragen zu können. Die Behörde soll demnach aber kein Instrumentarium bekommen, um als Entscheidungshilfe einen neu entstehenden Markt überhaupt untersuchen zu können. Die in der Regulierungspraxis üblichen Verfahren der Marktdefinition und Marktanalyse sollen ausdrücklich wegfallen.
Entscheiden müsste die Netzagentur binnen zwei Monaten nach Eingang des Antrags, wie aus dem Dow Jones bekannten Wortlaut des Fraktionspapiers weiter hervorgeht. Ihr Beschluss würde dann für zwei Jahre gelten. Im Lager der Wettbewerber heißt es dazu, dies bedeute eine einseitige Bevorzugung der Telekom. Sollte die SPD diese oder eine andere, nur unerheblich schwächere Version annehmen, hätte sich der Ex-Monopolist mit seinen Forderungen nach Definition des Begriffs "neuer Markt" und einem konkretem Zeitraum für eine Regulierungsfreistellung durchgesetzt, sagte eine Person, die sich mit dem Thema auskennt.
In dem bisherigen Gesetzentwurf, den das Bundeskabinett verabschiedet hat, heißt es lediglich allgemein, neue Märkte sollen nur dann reguliert werden, wenn andernfalls eine langfristige Wettbewerbsbehinderung drohe. Nach Ansicht der Netzagentur und der EU-Kommission richtet sich das Vorliegen eines neuen Marktes nach den Produkten, nicht aber nach dem Netz selbst, wie es die Telekom fordert.
Schon die jetzige Formulierung ist nach Ansicht der EU-Kommission unvereinbar mit dem europäischen Recht. In einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), der Dow Jones vorliegt, riefen die beiden Kommissarinnen Viviane Reding und Neelie Kroes Ende Oktober die Bundesregierung noch einmal eindringlich dazu auf, den Entwurf zu ändern und drohten erneut mit der Anrufung des Europäischen Gerichtshofes. Der Konflikt könnte somit die EU-Ratspräsidentschaft belasten, die die Bundesrepublik Deutschland in der ersten Hälfte des kommenden Jahres innehat.
-Von Stefan Paul Mechnig, Dow Jones Newswires, ++ 49 (0) 211 - 13 87 213,
TMT.de@dowjones.com
DJG/stm/roa