Du sollst nicht fragen
Im richtigen Leben geht es manchmal etwas turbulenter zu als in der bürgerlichen Anstandsfibel und im Gesetzblatt vorgesehen. Deshalb gibt es heimliche Vaterschaftstests - und deshalb wird auch das Urteil des Verfassungsgerichts die Lebenswirklichkeit bei diesem Thema nicht grundlegend verändern.
Die Richter argumentieren formal ganz konsequent: Heimliche Vaterschaftstests verletzen das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes, also dürfen sie vor Gericht nicht als Beweis akzeptiert werden. Karlsruhe fordert vom Gesetzgeber zugleich, ein erleichtertes Verfahren zur offiziellen Vaterschaftsprüfung zu schaffen.
In der Praxis dürfte das dazu führen, dass misstrauische Väter zunächst trotzdem einen heimlichen Test durchführen. Stellt sich heraus, dass es sich doch um ihr eigenes Kind handelt - was nach Angaben der Testlabore häufig der Fall ist ?, dann wird die Sache schnell vergessen. Ergibt sich eine fremde Vaterschaft, dann wird der offizielle Test beantragt. Da die Überprüfung einer Vaterschaft vor Gericht zu erheblichen innerfamiliären Konflikten führen kann, wird das Interesse an einer diskreten Vorabprüfung groß bleiben.
Wer das Selbstbestimmungsrecht des Kindes wirklich schützen will, der müsste daher eigentlich noch weiter gehen. Heimlichen Vaterschaftstests müsste nicht nur die Beweiskraft abgesprochen werden. Sie müssten gleich unter Strafe gestellt werden. Auch dann gehört jedoch nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, wie sich Testangebote im benachbarten Ausland entwickeln werden. Technisch ist das alles kein Problem, und die Frage nach der Vaterschaft dürfte für etliche Männer aufwühlend genug sein, um Vorschriften zu ignorieren. Letztlich kann der Gesetzgeber hier nur eigene Werte zu Protokoll geben. Die Realität verändert er nicht.
Kontakt: Kommentar@ftd.de
Ines Zöttl - 030/22074169
Leo Klimm - 040/31990311
Christian Schütte - 030/22074169
Dies ist eine Pressestimme der Financial Times Deutschland. Für Text und Inhalt ist ausschließlich die Financial Times Deutschland verantwortlich. Die geäußerten Ansichten reflektieren auch nicht die Ansichten von Dow Jones Newswires oder der Dow Jones and Company Inc.
Im richtigen Leben geht es manchmal etwas turbulenter zu als in der bürgerlichen Anstandsfibel und im Gesetzblatt vorgesehen. Deshalb gibt es heimliche Vaterschaftstests - und deshalb wird auch das Urteil des Verfassungsgerichts die Lebenswirklichkeit bei diesem Thema nicht grundlegend verändern.
Die Richter argumentieren formal ganz konsequent: Heimliche Vaterschaftstests verletzen das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes, also dürfen sie vor Gericht nicht als Beweis akzeptiert werden. Karlsruhe fordert vom Gesetzgeber zugleich, ein erleichtertes Verfahren zur offiziellen Vaterschaftsprüfung zu schaffen.
In der Praxis dürfte das dazu führen, dass misstrauische Väter zunächst trotzdem einen heimlichen Test durchführen. Stellt sich heraus, dass es sich doch um ihr eigenes Kind handelt - was nach Angaben der Testlabore häufig der Fall ist ?, dann wird die Sache schnell vergessen. Ergibt sich eine fremde Vaterschaft, dann wird der offizielle Test beantragt. Da die Überprüfung einer Vaterschaft vor Gericht zu erheblichen innerfamiliären Konflikten führen kann, wird das Interesse an einer diskreten Vorabprüfung groß bleiben.
Wer das Selbstbestimmungsrecht des Kindes wirklich schützen will, der müsste daher eigentlich noch weiter gehen. Heimlichen Vaterschaftstests müsste nicht nur die Beweiskraft abgesprochen werden. Sie müssten gleich unter Strafe gestellt werden. Auch dann gehört jedoch nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, wie sich Testangebote im benachbarten Ausland entwickeln werden. Technisch ist das alles kein Problem, und die Frage nach der Vaterschaft dürfte für etliche Männer aufwühlend genug sein, um Vorschriften zu ignorieren. Letztlich kann der Gesetzgeber hier nur eigene Werte zu Protokoll geben. Die Realität verändert er nicht.
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