Ankunft in der Wirklichkeit
Es war die gute alte Zeit: Hing bei den C-Parteien der Haussegen schief, gab es die Familienpolitik, um sich wieder zu vertragen. Heute dagegen herrscht in der Union immer Streit, wenn es darum geht, ob Kleinkinder in fremde Hände gegeben werden, oder darum, welche Eltern von Steuervergünstigungen profitieren. So wie jetzt wieder.
Die Union sollte die Auseinandersetzung austragen, offen und hart. Der Nutzen, den die SPD kurzfristig aus dem Streit zieht, ist geringer als der Gewinn, den CDU und CSU von seinem Ergebnis haben können. Hinter den Attacken von SPD-Chef Kurt Beck auf CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen wegen der unklaren Finanzierung beim Ausbau der Kinderbetreuung steckt die Furcht, die Union könnte sich dank der sozialdemokratisch inspirierten Pläne der Ministerin familienpolitisch modernisieren. Die Furcht, sie könnte in der Wirklichkeit der Wähler ankommen.
Diese Wirklichkeit, in der Mütter die Möglichkeit zum Arbeiten haben wollen und in der viele Kinder nicht mehr in Ehen geboren werden, wird auch von wertkonservativen Familienpolitikern der Union nicht mehr geleugnet. Richtig akzeptiert wird sie deshalb noch nicht.
In diesem Stadium der Debatte ist es ein gutes Zeichen, dass sich zwei mächtige CDU-Männer auf von der Leyens Seite schlagen: Stellvertretend für große Teile der Partei begreift der hessische Ministerpräsident Roland Koch, dass in Zeiten emanzipierter Frauen Familien oft nur entstehen, wenn ein umfassendes System der Kleinkinderbetreuung existiert. Und der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff räumt ein, die Union sei ?unehrlich? gewesen, weil sie nicht anerkannt habe, dass viele Frauen wegen fehlender Betreuungsangebote keine Wahl zwischen Fulltime-Kindererziehung und Job haben.
Auch jetzt pochen viele in der Union wieder auf die Wahlfreiheit; sie sollten helfen, diese Freiheit herzustellen, anstatt von der Leyen nach Kräften zu bremsen. Wer die Familien, die auch heute noch traditionell organisiert sind, als Wähler nicht verlieren will, muss den anderen nicht die Chance verwehren, ihr Familienleben anders zu gestalten.
Für die Union ist es entscheidend, diesen Spagat zwischen Tradition und Moderne zu schaffen, will sie außer in ländlichen Gebieten des Südens für Familien wählbar bleiben - oder werden. Von der Leyen hat der Partei daher ein paar Dehnübungen verordnet. Sie kann sich freuen, dass sich wichtige Männer ihrer Partei biegsam zeigen. Allerdings kann sie nicht darauf zählen, dass das auch nach der Aufwärmphase noch der Fall ist: Wenn es darauf ankommt - wenn es um die Zuständigkeit für die Kinderbetreuung geht ?, kann es gut sein, dass die CDU-Länderchefs gegenüber der Bundesministerin weniger flexibel sind.
Kontakt: Kommentar@ftd.de
Ines Zöttl - 030/22074169
Leo Klimm - 040/31990311
Christian Schütte - 030/22074169
Dies ist eine Pressestimme der Financial Times Deutschland. Für Text und Inhalt ist ausschließlich die Financial Times Deutschland verantwortlich. Die geäußerten Ansichten reflektieren auch nicht die Ansichten von Dow Jones Newswires oder der Dow Jones and Company Inc.
Es war die gute alte Zeit: Hing bei den C-Parteien der Haussegen schief, gab es die Familienpolitik, um sich wieder zu vertragen. Heute dagegen herrscht in der Union immer Streit, wenn es darum geht, ob Kleinkinder in fremde Hände gegeben werden, oder darum, welche Eltern von Steuervergünstigungen profitieren. So wie jetzt wieder.
Die Union sollte die Auseinandersetzung austragen, offen und hart. Der Nutzen, den die SPD kurzfristig aus dem Streit zieht, ist geringer als der Gewinn, den CDU und CSU von seinem Ergebnis haben können. Hinter den Attacken von SPD-Chef Kurt Beck auf CDU-Familienministerin Ursula von der Leyen wegen der unklaren Finanzierung beim Ausbau der Kinderbetreuung steckt die Furcht, die Union könnte sich dank der sozialdemokratisch inspirierten Pläne der Ministerin familienpolitisch modernisieren. Die Furcht, sie könnte in der Wirklichkeit der Wähler ankommen.
Diese Wirklichkeit, in der Mütter die Möglichkeit zum Arbeiten haben wollen und in der viele Kinder nicht mehr in Ehen geboren werden, wird auch von wertkonservativen Familienpolitikern der Union nicht mehr geleugnet. Richtig akzeptiert wird sie deshalb noch nicht.
In diesem Stadium der Debatte ist es ein gutes Zeichen, dass sich zwei mächtige CDU-Männer auf von der Leyens Seite schlagen: Stellvertretend für große Teile der Partei begreift der hessische Ministerpräsident Roland Koch, dass in Zeiten emanzipierter Frauen Familien oft nur entstehen, wenn ein umfassendes System der Kleinkinderbetreuung existiert. Und der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff räumt ein, die Union sei ?unehrlich? gewesen, weil sie nicht anerkannt habe, dass viele Frauen wegen fehlender Betreuungsangebote keine Wahl zwischen Fulltime-Kindererziehung und Job haben.
Auch jetzt pochen viele in der Union wieder auf die Wahlfreiheit; sie sollten helfen, diese Freiheit herzustellen, anstatt von der Leyen nach Kräften zu bremsen. Wer die Familien, die auch heute noch traditionell organisiert sind, als Wähler nicht verlieren will, muss den anderen nicht die Chance verwehren, ihr Familienleben anders zu gestalten.
Für die Union ist es entscheidend, diesen Spagat zwischen Tradition und Moderne zu schaffen, will sie außer in ländlichen Gebieten des Südens für Familien wählbar bleiben - oder werden. Von der Leyen hat der Partei daher ein paar Dehnübungen verordnet. Sie kann sich freuen, dass sich wichtige Männer ihrer Partei biegsam zeigen. Allerdings kann sie nicht darauf zählen, dass das auch nach der Aufwärmphase noch der Fall ist: Wenn es darauf ankommt - wenn es um die Zuständigkeit für die Kinderbetreuung geht ?, kann es gut sein, dass die CDU-Länderchefs gegenüber der Bundesministerin weniger flexibel sind.
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