Ein Ziel, kein Weg
Wenn Angela Merkel von ?Durchbruch? spricht, ist Vorsicht geboten. Ihre Einordnung der Verhandlungsergebnisse beim EU-Klimaschutzgipfel könnte sich als voreilig erweisen - ähnlich wie seinerzeit bei der Gesundheitsreform. Tatsächlich haben sich die EU-Staaten nur darauf geeinigt, allesamt den ?Durchbruch? zu wollen.
Es ist durchaus eine Leistung der EU-Ratsvorsitzenden, alle Länder auf das große 20-Prozent-Ziel einzuschwören: Bis 2020 soll die EU 20 Prozent weniger Kohlendioxid ausstoßen und 20 Prozent ihres Gesamtverbrauchs aus erneuerbaren Energien decken. Damit hat die EU jetzt ein ehrgeiziges Ziel - aber noch keinen Weg zum Ziel.
Der Weg, das sind die europapolitischen Instrumente, mit denen die 20-Prozent-Marken erreicht werden. Um alternative Energien zu fördern, werden Änderungen am EU-Beihilfenrecht und womöglich gesonderte Haushaltsmittel nötig sein. Und die EU-Kommission braucht erweiterte Kompetenzen, wenn sie sich um die Umsetzung der Beschlüsse kümmern soll. Sonst wird sie scheitern. Wie ernst Merkel ihre Ankündigung nimmt, Europa zum Vorreiter im Klimaschutz zu machen, wird also daran abzulesen sein, wie stark sie sich nun für die Kompetenzübertragung an die Brüsseler Zentrale einsetzt.
Die Einigung beim Gipfel erreichte sie aber gerade, indem sie vor zentralen Vorgaben zurückschreckte: Erstens darf jedes Land selbst über seinen Energiemix entscheiden. Zweitens gilt das 20-Prozent-Ziel bei erneuerbaren Energien nur für die EU insgesamt. Zusammengenommen drohen die Zugeständnisse dazu zu führen, dass viele Länder keinen großen Klimaschutz-Ehrgeiz entwickeln, sondern auf die jeweils anderen hoffen. Wie Merkel dieses absehbare Szenario verhindern wird, hat sie vor lauter ?Durchbruch?-Jubel nicht erklärt.
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