Stunde der Wahrheit
Nicolas Sarkozy kann durchregieren. Zwar steht die endgültige Sitzverteilung in der französischen Nationalversammlung erst in einer Woche fest, wenn in allen Wahlkreisen die Sieger per Stichwahl ermittelt sind. Aber nach der ersten Runde der Parlamentswahl ist der Vorsprung von Sarkozys Partei UMP so groß, dass klar ist: Der absehbare Kantersieg der Bürgerlichen wirkt für den frisch gewählten Präsidenten Sarkozy wie ein Verstärker seiner Macht. Und das in einem Amt, das ohnehin mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet ist.
Sarkozy kann den Triumph bei der Parlamentswahl nicht nur als Votum für seine Reformagenda interpretieren - er muss es sogar. Wenn ein Präsident, der den Wandel predigt, eine so starke legitimatorische Grundlage bekommt, ist das im reformscheuen Frankreich eine einmalige Chance. Sarkozy steht daher in der Pflicht, seine Ankündigung vom ?Bruch? mit Besitzständen wahr zu machen. Es wird sich erweisen, ob er tatsächlich der Reformpräsident ist, den das Land braucht. Oder ob seine Strategie, vor der Parlamentswahl Steuergeschenke zu versprechen und sich auch für Anhänger der Sozialisten wählbar zu machen, schon das Ende des Neuanfangs in Frankreich bedeutet.
Um die Dauerprobleme in den Vorstädten, die hohe Jugendarbeitslosigkeit oder die drückenden Staatsschulden zu beseitigen, müssen Strukturen zerschlagen und Privilegien beschnitten werden. An dieser Aufgabe - der Durchsetzung von Reformen gegen den Widerstand von Millionen meist staatlich alimentierter Demonstranten - sind schon viele Regierungen gescheitert. Sollte dies auch Sarkozy und seinem Kabinett passieren, stünde fest: Frankreich ist unreformierbar. Sollte Sarkozy seine Macht jetzt aber gar nicht erst dazu verwenden, um Ehrgeiziges zu versuchen, wäre er ein Wahlbetrüger.
Kontakt: Kommentar@ftd.de
Ines Zöttl - 030/22074169
Leo Klimm - 040/31990311
Olaf Preuss - 040/31990341
Christian Schütte - 030/22074169
Dies ist eine Pressestimme der Financial Times Deutschland. Für Text und Inhalt ist ausschließlich die Financial Times Deutschland verantwortlich. Die geäußerten Ansichten reflektieren auch nicht die Ansichten von Dow Jones Newswires oder der Dow Jones and Company Inc.
Nicolas Sarkozy kann durchregieren. Zwar steht die endgültige Sitzverteilung in der französischen Nationalversammlung erst in einer Woche fest, wenn in allen Wahlkreisen die Sieger per Stichwahl ermittelt sind. Aber nach der ersten Runde der Parlamentswahl ist der Vorsprung von Sarkozys Partei UMP so groß, dass klar ist: Der absehbare Kantersieg der Bürgerlichen wirkt für den frisch gewählten Präsidenten Sarkozy wie ein Verstärker seiner Macht. Und das in einem Amt, das ohnehin mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet ist.
Sarkozy kann den Triumph bei der Parlamentswahl nicht nur als Votum für seine Reformagenda interpretieren - er muss es sogar. Wenn ein Präsident, der den Wandel predigt, eine so starke legitimatorische Grundlage bekommt, ist das im reformscheuen Frankreich eine einmalige Chance. Sarkozy steht daher in der Pflicht, seine Ankündigung vom ?Bruch? mit Besitzständen wahr zu machen. Es wird sich erweisen, ob er tatsächlich der Reformpräsident ist, den das Land braucht. Oder ob seine Strategie, vor der Parlamentswahl Steuergeschenke zu versprechen und sich auch für Anhänger der Sozialisten wählbar zu machen, schon das Ende des Neuanfangs in Frankreich bedeutet.
Um die Dauerprobleme in den Vorstädten, die hohe Jugendarbeitslosigkeit oder die drückenden Staatsschulden zu beseitigen, müssen Strukturen zerschlagen und Privilegien beschnitten werden. An dieser Aufgabe - der Durchsetzung von Reformen gegen den Widerstand von Millionen meist staatlich alimentierter Demonstranten - sind schon viele Regierungen gescheitert. Sollte dies auch Sarkozy und seinem Kabinett passieren, stünde fest: Frankreich ist unreformierbar. Sollte Sarkozy seine Macht jetzt aber gar nicht erst dazu verwenden, um Ehrgeiziges zu versuchen, wäre er ein Wahlbetrüger.
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