DJ FOKUS: Premiere wird in der Nach-Kofler-Ära berechenbarer
Von Archibald Preuschat
Dow Jones Newswires
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Mit seinem Rücktritt von der Spitze der Premiere AG sorgte Georg Kofler am Montagmorgen für Wirbel und schickte die nach den Wirrungen um die Bundesliga-Rechte in den vergangenen Quartalen stark gebeutelte Aktie des Bezahlfernsehsenders auf Talfahrt. Analysten werten die Entscheidung des Premiere-Vorstandsvorsitzenden, den Medien künftig den Rücken zu kehren, aber nicht als die große Überraschung und können der Personalie durchaus auch Positives abgewinnen.
"Ich glaube, dass Premiere ein Stück weit stabiler wird, wenn Kofler nicht mehr an der Spitze steht", sagte Gepa Tiemann, Analystin bei der WestLB. Der Kursrückgang wird ihrer Ansicht nach nur kurzfristiger Natur sein.
Zu 28 EUR wurde die Premiere-Aktie im März 2005 platziert. Damals war die Emission 14-fach überzeichnet. Der Mann, der institutionellen Investoren wie Privatanlegern gleichermaßen das Papier schmackhaft machte, war Georg Kofler. Der heute 50-jährige steht seit Februar 2002 an der Spitze von Premiere. Er hatte auch die größte Niederlage des Bezahlfernsehsenders zu verantworten: Den Verlust der Bundesliga-Rechte an Newcomer arena, eine Tochter des Kabelnetzbetreibers Unity Media, nur neun Monate nach dem Börsengang.
Kofler hatte zu sehr auf Exklusivität gesetzt, wollte die Sportschau im frei empfangbaren TV ins Abseits stellen. Der Versuch misslang, und der Kurs der Premiere-Aktie war in der Folge zeitweise nur noch einstellig.
Kofler war es auch, der den Fehler vor drei Wochen selbst wieder korrigierte. Nach langen und zähen Verhandlungen kaufte er sich die Bundesliga-Rechte über eine Sublizenz durch arena zurück. Bezahlt in bar und eigenen Aktien, die Unity Media mit ihrem 16,7%-Anteil zum größten Einzelaktionär an dem Sender macht.
"Am besten geht man nach einem gewonnenen Spiel", sagte er am Montag nach seiner Rücktrittsankündigung in einem Interview mit Dow Jones Newswires. Sein Nachfolger wird Premiere-Finanzvorstand Michael Börnicke. "Börnicke wird bei den Bieterverfahren um die Bundesliga-Rechte weniger hoch pokern", ist WestLB-Analystin Tiemann überzeugt. Sie hat ein "Add"-Rating auf dem Papier und sieht das Kursziel bei 22 EUR.
Mit ihrer Meinung steht Tiemann nicht alleine dar. "Kofler war unberechenbar. Es gab keine Stabilität in dem Unternehmen", sagte ein in London ansässiger Analyst eines US-Hauses. Er hat ein "Overweight"-Rating auf der Aktie, möchte aber sein Kursziel nicht nennen, um nicht identifiziert werden zu können.
Auch der Analyst eines Franfurter Hauses will die Personalie nur anonym kommentieren. Er zeigt vor allem Verständnis dafür, dass Kofler sein finanzielles Engagement bei dem Bezahlfernsehsender beendet hat. "Es war ein guter Zeitpunkt, die letzten Aktien zu verkaufen", sagte der Experte und verweist auf die in der vergangenen Woche abgelaufene Haltefrist für Unity Media. "Kofler hätte dem Markt auch nicht erklären können, warum er seine Premiere-Aktien verkauft und weiter CEO bleibt", sagte der in Frankfurt ansässige Analyst.
In der vergangenen Woche hatte sich Kofler von seinen verblieben 1,2 Millionen Premiere-Aktien getrennt und eigenen Angaben zufolge einen Kursgewinn von 3 Mio EUR realisiert. Noch höher dürfte der Kursgewinn gewesen sein, als Kofler seine 11,4 Mio Premiere-Aktien zu 16,30 EUR das Stück verkaufte. "Bereits damals hat sich der Ausstieg von Kofler angedeutet", so der Experte aus Frankfurt.
Auch Kofler, einst größter Einzelaktionär bei Premiere, hat nach dem Verlust der Bundesliga-Rechte und dem anschließenden Kurseinbruch viel Geld verloren. Seitdem war die Aktie nicht zuletzt auch bei spekulativ orientierten Anlegern beliebt.
Das Unternehmen spielte mit. Schon zweimal in diesem Jahr wurden die Quartalszahlen unangekündigt und mitten in der Nacht veröffentlicht, verbunden mit einem Deal. "Ich glaube, dass dieses Überraschungs-Reporting jetzt aufhört", sagte Tiemann.
Die Antwort auf die Frage, ob die Premiere-Aktie jemals wieder den Ausgabepreis von 28 EUR erreichen wird, blieb Kofler im Interview mit dieser Nachrichtenagentur am Montag schuldig. Er will sich künftig weder zu Premiere noch zur Medienbranche äußern, sondern sich in einem neuen Unternehmen investieren, wiederum als größter Einzelaktionär.
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August 13, 2007 10:44 ET (14:44 GMT)
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