Leipzig (ots) - Von Olaf Majer Noch ist Polen nicht verloren - heißt es in der gefühlsreichen Nationalhymne unseres Nachbarn. Glaubt man dagegen der Polemik des Wahlk(r)ampfes, so steht das Land zwischen Neiße und Bug schon nahe am Abgrund. Zur Schicksalswahl hochstilisiert, beschwor der regierende Grobmotoriker Jaroslaw Kaczynski das alte polnische Trauma von den mächtigen Feinden Deutschland und Russland. Der Teufel ist schnell im Spiel, wenn Liberale sich dem Fegefeuer Euro-Einführung nähern oder gar Brücken zum Erzfeind hinter der Oder suchen. Ähnlich holzfällerartig schlug die Gegenseite um Donald Tusk zu. "PiS ist peinlich" plakatierte bedingt einfallsreich das Anti-Kaczynski-Lager. Laut wurde gelästert über einen Ödipus-Premier, der mit Katze Alik bei Muttern lebt und sein Gehalt auf Muttis Konto bunkert - sicher ist sicher. Angesichts des Misstrauens, dass der Kontrollneurotiker Kaczynski als Amtsstil zelebriert, grenzt es fast an ein Wunder, dass die Polen überhaupt wählen durften. Doch selbst wenn nun das bürgerliche Tusk-Lager die neue Regierung bildet: Auf das Altenteil werden sich die zähen Zwillinge nicht so leicht schieben lassen. Die Drohung, Bruder Lech Kaczynski könnte als Staatspräsident von seinem Vetorecht reichlich Gebrauch machen, ist wohl kein verspäteter Aprilscherz. Man stelle sich vor: Lordsiegelbewahrer Lech als Prellbock gegen jede Kurskorrektur - an der Weichsel wäre das Chaos perfekt. Ohnehin haben zwei Jahre Zwillings-Regentschaft gereicht, das Geburtsland von Solidarnosc und Wende-Papst gründlich zu verändern. Polen im Aufbruch - das war gestern. Verhandlungen mit den eineiigen Humorbremsen gelten heute als so angenehm wie ein Zahnarztbesuch. Polen zuerst - mit diesem national-tönenden Rumpel-Stil wurde das Land zuletzt auf EU-Ebene nur noch als Nervensäge wahrgenommen. Viel Arbeit also für die neue Regierung, das zerdepperte Porzellan zu kitten. Das mit einer diffusen Angst vor allem Fremden Wahlen zu gewinnen sind, zeigt neuerdings auch die Schweiz. Zwischen Alphörnern und Milka-Kuh schien bislang kaum Platz für politische Hallodris. Bis Poltergeist Christoph Blocher begann, gegen Einwanderungsflut und kriminelle Ausländer zu polemisieren. Blocher hat dabei leichtes Spiel. Der Bauernfänger nimmt Stimmungen auf und besetzt Reizthemen, wo die etablierten Schweizer Parteien vor lauter Kollegialität lieber die Augen verschließen. Eine Koalition der Verlierer, um Blocher doch noch auszubremsen und in die Opposition zu schicken, wäre jedoch fatal. Damit würde der Rechtsausleger in der politischen Opferrolle weiter wachsen, die er längst für sich reserviert hat. Betet, freie Schweizer, betet! - fleht die Hymne der Alpenrepublik. Es kann nie schaden, höheren Beistand zu suchen, auch wenn Blochers ganz großer Triumphzug ausblieb. Die stolz gepriesene Konsensdemokratie der Eidgenossen jedenfalls erinnert inzwischen eher an einen löchrigen Schweizer Käse.
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