DJ UPDATE: Ackermann will Krisen mit "Rat der Weisen" verhindern
(neu: Details aus Podiumsdiskussion)
Von Peter Herkenhoff
DOW JONES NEWSWIRES
FRANKFURT (Dow Jones)--Wenn es nach dem Willen des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Josef Ackermann, geht, wird künftig ein "Rat der Weisen" frühzeitig vor neuen Spekulationsblasen an den Finanzmärkten warnen. Die Zentralbanken hätten zwar in der Vergangenheit oft frühzeitig vor Gefahren gewarnt, das Platzen von Blasen aber nicht verhindern können. "Vielleicht braucht es da jemanden, der mehr Autorität hat", sagte Ackermann am Montagabend während einer Podiumsdiskussion des Schweizerischen Generalkonsulats in Frankfurt.
Die Geschichte habe gezeigt, dass die meisten Finanzmarktkrisen aus geplatzten Spekulationsblasen resultierten, so Ackermann weiter. Im Gegensatz zu Lehrbuchweisheiten würden die anschließenden Korrekturen aber nicht graduell, sondern radikal mit hohen Kursschwankungen stattfinden. Der Kollaps des japanischen Immobilienmarktes habe gezeigt, dass es bis zu 15 Jahre dauern könne, bis die Investoren neues Vertrauen gefasst hätten.
Ackermann erinnerte daran, dass eine einzelne Bank aus Wettbewerbsgründen nicht auf den Vertrieb bestimmter Finanzprodukte verzichten könne. Ein mit Praktikern besetzter "Rat der Weisen" dagegen könne die Entwicklungen an den Finanzmärkten analysieren und prüfen, ob "irgendwo eine Bombe tickt".
Das Argument, dass viele Marktteilnehmer die komplizierten Finanzprodukte nicht verstanden hätten, mit denen das Risiko auf eine Vielzahl von Banken verteilt wurde, wollte Ackermann für die Deutsche Bank nicht gelten lassen. "Unsere Kunden haben gewusst, was wir ihnen verkauft haben", so Ackermann. "So lange die Leute mit den Produkten Geld verdient haben, hat sich übrigens niemand beschwert, dass er die Produkte nicht verstanden hat."
Nach Ansicht von Ackermann wird die globale Finanzkrise durch eine zu geringe Investitionsbereitschaft verstärkt. "Es gibt keinen Liquiditätsengpass, sondern einen Investorenstreik. Die Bewertung von Wertpapieren zu Marktpreisen habe die globale Finanzkrise verstärkt. "Die Mark-to-Market-Bewertung hat sich in illiquiden Märkten als ganz schlimm herausgestellt", so Ackermann. "Wir müssen alles tun, um den Verfall der Preise für Finanzprodukte zu stoppen."
Damit spielte Ackermann auf die Pflicht von Finanzdienstleistern an, ihren Wertpapierbestand zu einem Stichtag in der Bilanz bewerten zu müssen. Angesichts der ausgetrockneten Märkte bei verschiedenen Finanzprodukten müssen viele Banken deshalb hohe Verluste abschreiben. Zugleich warnte Ackermann davor, die Rechnungslegung kurzfristig zu korrigieren. Man müsse trennen zwischen dem, was kurzfristig zu tun sei, um das Problem zu lösen, und dem, was langfristig wünschenswert sei, sagte er.
Die milliardenschweren Staatsfonds aus Schwellenländern werden nach Ansicht von Ackermann bei der Stabilisierung der Finanzmärkte nur eine begrenzte Rolle spielen. "Ich würde die Hoffnung nicht überbewerten." Die Bereitschaft, in Industrieländern zu investieren, dürfte künftig eher wieder zurückgehen. "China hat gerade 60% mit seinem Investment in Private-Equity-Kapital verloren. Die werden künftig ihr Geld wieder verstärkt auf dem Heimatmarkt investieren", sagte Ackermann.
Seiner Meinung nach kann die Finanzmarktkrise nur mit Hilfe der Notenbanken eingedämmt werden. "Ich glaube nicht an die Selbstheilungskräfte des Marktes", sagte Ackermann. Es sei an der Zeit, das Übel an der Wurzel zu packen, und das sei der US-amerikanische Häusermarkt.
Ackermann zeigte sich nach Gesprächen mit der US-Regierung zuversichtlich, dass die amerikanische Regierung das Problem inzwischen erkannt habe. Der Schlüssel zur Entschärfung der Krise liegt nach Ansicht von Ackermann bei den Zentralbanken. Die US-Federal Reserve und die Europäische Zentralbank hätten zwar bereits mehr Liquidität bereitgestellt. Aber es seien weitere Schritte nötig, um die Liquidität zu verstetigen.
Ackermann bekräftigte seine Forderung nach globalen Regulierungsbehörden. "Global operierende Banken brauchen global operierende Aufsichtsbehörden." "Es kann nicht sein, dass wir uns weiter in nationalen Infights aufreiben", so Ackermann in einer Analogie an den Boxsport.
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